Wenn Fußball der König unter den Sportarten in Deutschland ist, dann ist Baseball der Stallbursche. Bei einer aktuellen Umfrage, die sich mit den beliebtesten Sportarten hierzulande beschäftigt, zeigt sich: Fußball ist die populärste Sportart, gefolgt von Boxen und Skispringen.
Baseball kommt darin nicht einmal vor. In meinem Bekannten- und Freundeskreis kenne ich zwar zahlreiche Leute, die sich für Randsportarten begeistern. Doch Baseball ist für sie keine Option – selbst während der Finalserie in der Major League Baseball (MLB) nicht. Dabei war der Kampf um die Meisterschaft in der besten Baseball-Liga der Welt in dieser Saison verdammt spannend.
Die Serie zwischen den Houston Astros und den Los Angeles Dodgers ging über die komplette Länge, erst im siebten und entscheidenden Spiel setzte sich Houston durch und gewann die World Series.
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Warum also ist für so viele Menschen Baseball einfach nur langweilig? Ich gebe zu: auf den ersten Blick passiert bei dieser Sportart verhältnismäßig wenig, bei Fußball, Handball oder Eishockey gibt es viel mehr Bewegung. Baseball dagegen vermittelt den Eindruck: Hier stehen faule Sportler auf dem Feld, keiner muss laufen.
Baseball – ein Spiel der Feinheiten!
Doch Baseball ist mehr als nur „Bier und Hotdogs im Stadion“, die Sportart hat ihren Reiz. Dieser liegt vor allem in den Feinheiten. Nehmen wir das zentrale Duell eines Spiels zwischen dem Werfer (Pitcher) und dem Schlagmann (Batter oder Hitter genannt). Als Zuschauer ist es verdammt interessant, zu beobachten, WIE der Pitcher den Ball wirft und welches Repertoire an Techniken er einsetzt, um den Schlagmann zu besiegen.
Nutzt er „Curve Balls“, die zwar langsamer, aber dafür mit viel Drehung geworfen werden? Oder setzt der Pitcher schnelle „Slider“ ein?
Und auch andere Dinge lassen sich beim Baseball noch sehr gut beobachten: Tippt der Schlagmann mit dem Schläger immer zuerst auf den Boden oder hat er ein anderes Ritual, wenn er an die Home Plate tritt? Entfernt sich ein Läufer schon vor dem Schlag seines Teamkameraden ein paar Meter von der Base? Wo positioniert sich der Verteidiger, um den vielleicht gleich geschlagenen Ball abzufangen? Ahnt er vielleicht schon, wo der Ball hingeht?
Das sind alles Details, die Zuschauer beobachten können, weil Baseball ihnen die Zeit dazu lässt. Bei anderen Sportarten sind die Augen meistens ständig auf den Ball gerichtet, um ja keinen Punktgewinn zu verpassen.
Baseball – zu langsam für unsere Zeit?
Vielleicht sind wir es auch einfach nicht mehr gewohnt, dass etwas länger dauert und entschleunigt ist – so wie beim Baseball. Wir sind ständig auf dem Handy erreichbar, immer online, posten auf den Sozialen Netzwerken Updates und sind immer auf dem neuesten Stand.
Alles muss schneller (und somit unterhaltsamer) werden – dieser Trend ist auch schon länger im Sport zu beobachten. Zwei Beispiele: Seit 2001 sind für den Satzgewinn beim Tischtennis nur noch elf statt 21 Punkte nötig. Und beim Basketball sind seit 2010 in bestimmten Situationen nur noch 14 statt 24 Sekunden Zeit, um den Angriff abzuschließen.
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Baseball geht diesen Trend bisher nicht mit. Dabei ginge es auch hier ganz einfach. So würde beispielsweise die Zahl der Homeruns steigen, wenn die Schlagmänner in der MLB Aluminium- statt Holzschläger verwenden dürften. Ich finde es gut, dass das bisher nicht umgesetzt worden ist.
Ein weiterer Grund, warum viele Baseball für langweilig halten, ist der Vorwurf: „Der Sport ist nicht so emotional.“ Das ist Quatsch. Bei einer gelungenen Abwehraktion oder einem Punktgewinn jubeln die Fans lautstark, und natürlich ist jeder Homerun ein Highlight. Wer sich davon überzeugen möchte, kann das übrigens auch hierzulande in den Stadien der Republik tun: Es gibt eine deutsche Baseball-Bundesliga, die Teams sind ein eine Nord- und Südstaffel aufgeteilt.