Der Dritte Weltkrieg hat begonnen. Ist hier – jetzt – nebenan. Fünf Meter von deiner eigenen Haustür entfernt und tobt am Maschendrahtzaun, gleich neben deinem brandneuen Gartenzwerg oder nicht akkurat gestutzten Hecke.
Jedes Jahr gehen Tausende Bagatellfälle/Bagatelldelikte über die verstaubten Schreibtische von Polizei, Staatsanwaltschaft, Schiedsmännern und Richtern.
Der Aufwand, bis es letztendlich zu einem Prozess kommt, also der komplette Papierkram, das Sichten und Sortieren, wer für welchen Schwachsinn zuständig ist, bezahlt erst einmal der Steuerzahler. WIR! Und das sind geschätzte 26 Millionen Euro.
Die Lärmbelästigung, weil Herr Nachbar um 20:16 noch Karel Gott lauthals seine Biene Maja aus den Boxen schmettern lässt, wird heute nach Lust und Laune zur Anzeige gebracht.
Schiefes Einparken, präzise formuliert: wenn der rechten Vorderreifen den weißen Markierungsstreifen berührt, lässt Michael Mustermann an einem guten Tag kalt. An einem Schlechten kann es dich nach einem horrenden Briefverkehr inklusive blutigem Magengeschwür ein saftiges Bußgeld kosten.
1999 hatte Stefan Raab tapfer den Versuch unternommen, humorvoll auf die nachbarlichen Kriegsszenarien aufmerksam zu machen.
Sein Lied/Video „Maschendrahtzaun“ war ein bombastischer Erfolg. Die ganze Nation hat sich kopfschüttelnd über den Streit wegen eines Knallerbsenstrauchs und dem Geschädigten (dem Maschendrahtzaun) totgelacht. Niemand fühlte sich angesprochen.
Kaum war der letzte Lacher verklungen, ging es zurück an Fernglas, Notizblock und Stoppuhr. Die typische Ausrüstung der Beschwerde-Herde.
Schräge Beispiele für Nachbarschaftsstreit
Heute im 21. Jahrhundert haben die Blut- und Spürhunde andere Fährten aufgenommen. Sie sind kreativer geworden und die Beweggründe ihrer Anzeigen und Beschwerden werden immer origineller.
In Wuppertal wurde ein Bewohner eines Mehrfamilienhauses von seiner Nachbarin verklagt, weil sie sich von den täglichen Geräuschen beim Urinieren belästigt fühlte. Sie empfand das Plätschern als zu laut, weil der Nachbar ihrer Meinung nach im Stehen pinkeln würde.
Also wollte sie ihn in die Knie zwingen. Wortwörtlich. Sie beharrte darauf, dass er sich zu setzen hat. Klage abgewiesen!
Die schöne Hansestadt Hamburg kann gleich mit zwei Kuriositäten glänzen.
Einmal klagte ein Nachbar: die Flagge meines Nachbarn spiegelt sich in meinem Küchenschrank und das stört mich beim Essen. Die Flagge zeigte weder anstößige oder rassistische Motive, noch ein favorisierten Fußballverein. Es war eine Weihnachtsfahne.
Klage abgewiesen!
Das andere Mal: der Gartenzwerg mit dem Stinkefinger beleidigt mich.
Klage gewonnen! Nun ja, halbwegs. Der Nachbar mit Sinn für schräge Gartenzwerge, musste den Stinkefinger abkleben bzw. mit einem Verband verdecken.
In Santa Fe, USA. Dort bildete sich ein Hypochonder ein, dass er WLAN-Allergiker sei und seine Nachbarn ihre Funknetze abschalten müssen. Aus Protest und zur Demonstration seiner Leiden, wie z.B. Verdauungsstörungen, lebte er eine Zeitlang in seinem Auto.
Nach zwei Jahren Gerichtsverhandlung wurde seine Klage abgewiesen.
Auch nur Menschen?
Die Beschwerde-Herde würde sich selber so beschreiben:
Ich bin unkompliziert, verständnisvoll und nett, wenn es alle so machen, wie ich es will.
In ihren Vorgärten wird jedes Gesetz penibel eingehalten. Der Rasen ist auf perfekte 8 mm getrimmt und die Obstbäume mit Netzen, Tretminen, Stacheldraht und einer Selbstschutzanlage gesichert. Die Weihnachtsdeko wird pünktlich am 26.12. wieder auf dem Dachboden verstaut.
Dass ihre Einstellung und Besessenheit immer öfter auf Gegenwehr stößt, sollte ihnen mal so langsam zu denken geben.
Insbesondere, wenn es zu keiner Einigung kommt. Das sehen sie Rot. Sie lassen nicht locker und drangsalieren weiter. Dann läuft alles aus dem Ruder. Sowohl der Beschuldigte, als auch die Nervensäge werden handgreiflich.
Auto werden zerktatzt, Haustiere vergiftet und Gerüchte von Pädophilie werden in die Welt bzw. ins Internet gesetzt.
Erst vor 3 Monaten endete in Nordhessen ein Nachbarschaftsstreit mit Messerstichen und einer Axt-Attacke.
Richter und Staatsanwälte sprechen von einer Überschwemmung von Nachbarschaftsklagen. Ihrer Meinung nach aus drei Gründen:
- Egoismus und Langeweile.
- Geldgier, die Aussicht auf ein paar Euro Entschädigung ist Motivation genug.
- Rechtsschutzversicherung, jeder Hanswurst hat eine und will nun verdammt auch mal sein Recht geltend machen.
Die typisch rudimentären Anzeichen von Revierverhalten und Machtdemonstrationen sind in allen sozialen Schichten zu beobachten.
Mal ist es der Rentner, ein Dolmetscher, Schornsteinfeger oder Student. Alle wollen ihre Ziele bzw. Mission „Ordnung“ der Welt aufdrängen.
Koste es, was es wolle. Selbst, wenn sie deswegen drei Finger einbüßen müssen.