Das Fußballjahr 2019 ist fast vorbei – und so wirklich überraschend war es nicht: Bayern wurde trotz mittelmäßiger Leistungen Meister.
Der Weg dahin ist aber natürlich außergewöhnlich spannend gewesen, denn so wie bei Borussia Dortmund sind selten Titelträume last minute zerplatzt.
Verkehrte Welt: Spannung in der Bundesliga, Langeweile in der Premier League
Die neue Saison ist noch spannender und das Wetten auf Fußballergebnisse macht noch mehr Spaß, denn endlich spielen fünf bis sechs Teams oben mit. Das hat es in den letzten Jahren sonst nur in der Premier League gegeben. Die englische Liga ist dazu im Gegensatz deutlich eintöniger – zum Glück!
Der FC Liverpool hat inzwischen über zehn Punkte Vorsprung auf den Erzrivalen Manchester City. Super cool für alle Kloppo-Fans! Die Beispiele Liverpool (positiv) und Bayern (negativ) verdeutlichen einen Trend, der sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt hat – den Aufstieg der Supertrainer!
Mourinho – der Erste seiner Art
Klar, Niko Kovac hatte stilvolle Anzüge, hautenge Merino-Pullover und stylische Daunenwesten zu bieten, aber das war auch das Aufregendste an Bayerns Ex-Trainer. Eine Aura des Erfolgs konnte er nicht entwickeln. Er wirkte eher wie ein Dressman, der mit seiner Aufgabe überfordert ist. Nachfolger Hansi Flick ist zwar erfolgreicher, wirkte aber schon als Co-Nationaltrainer eher wie eine graue Maus. Es muss schon beides stimmen – Style und Erfolg.
Der erste „Man in style“ war/ist Jose Mourinho. Als er sich auf der legendären Vorstellungspressekonferenz bei Chelsea 2004 selbst als „the special one” bezeichnete, war dies der Beginn der neuen Kategorie der „Super-Trainer“.
An Fan-Begeisterung, Style, Glam-Faktor und mittlerweile auch Gehalt können die Top-Fußballlehrer inzwischen mit ihren Akteuren auf dem Rasen mithalten. Mit seinem neuen Engagement bei Tottenham Hotspur hat „the special one“ nicht nur ein glanzvolles Comeback gestartet, sondern verdient angeblich 17,5 Millionen Euro im Jahr. Das ist mehr als beispielsweise jeder Bayern-Spieler (außer Robert Lewandowski) pro Jahr aufs Konto bekommt.
Die Premier League – Liga der Super-Trainer
Coolness, Swag und Style hat die Bundesliga – zumindest auf der Trainerbank – leider nicht mehr zu bieten. In der spanischen La Liga sind Zinedine Zidane (Real Madrid) und Diego Simeone (Atletico Madrid) die Charismatiker an der Seitenlinie. Aber Mourinhos größte Konkurrenten um die Style-Krone sind auch in der Premier League tätig – es geht natürlich um Pep Guardiola und Jürgen Klopp! Kloppo – der „Welttrainer 2019“ – sorgte schon auf seiner Vorstellungspressekonferenz beim FC Liverpool 2015 mit seinen lockeren Sprüchen sofort für gute Laune – bezeichnete sich, im Gegensatz zu Mourinho, als „the normal one“.
Jürgen Klopp ist in den letzten zehn Jahren ein Kunststück gelungen, das noch keinem deutschen Trainer gelungen ist – er hat zwar noch nicht das Triple (zumindest bisher) mit einem Verein geholt, aber er ist international der coolste Deutsche und eine Style-Ikone.
Er trägt immer extrem coole Brillen, machte Haarverpflanzungen salonfähig und brilliert auch modisch auf dem internationalen Parket. Besonders wurde das erst kürzlich bei der Preisverleihung der „Football Writers‘ Association“ (dem Verband der britischen Sportjournalisten) deutlich. Kloppo enterte locker in Jeans, Sakko, weißem Hemd und seinem unverkennbaren Siegerlachen (eines seiner Markenzeichen) die Bühne und erntete mit seiner pointierten Rede jede Menge Lacher. Ein etwas verlegen wirkender Pep Guardiola musste nach Klopp auf die Bühne und musste zugeben: „It´s hard to speak after Jürgen, believe me“. Das war vor sieben Jahren noch anders.
Das Duell Pep gegen Klopp
Den Bayern gelang 2013 der erste Trainer-Superstar-Transfer der Bundesliga: Pep kam nach einem Jahr Sabbatical in New York an die Isar und wurde empfangen wie ein Hollywood-Star. Das Engagement des Spaniers war damals in etwa so glamourös, als wenn Jason Statham den Verein übernommen hätte. Sein Style – Gentleman-like: Anzug, Weste oder Westover in Bayern-rot. Kloppo damals bei Borussia Dortmund immer im Trainingsanzug am Spielfeldrand.
Diesen Style zieht er auch in Liverpool kompromisslos durch, signalisiert mit Trainingsanzug und Cap seine Nähe zu Spielern und Fans.
Auch Pep ist inzwischen lockerer geworden, auf Anzug verzichtet er in der Premier League, sucht sich für jede Saison ein Signature-Piece, das er die gesamte Saison trägt. So war es in der Spielzeit 2018/19 eine dicke, graue Wolljacke, die er nur bei Temperaturen über 20 Grad ablegte. Googelte man „Pep Guardiola cardigan“, stieß man auf zahlreiche Chats, die heiß diskutierten, was das wohl für eine Jacke sei. Die normale schwarze Daunenjacke, die er aktuell trägt, ist optisch eigentlich viel zu unglamourös für Guardiola. Vielleicht hat das auf die Spielweise seiner Mannschaft abgefärbt…
Hat Kloppo Pep inzwischen überholt? Von der Anzahl der Titel auf keinen Fall: Pep wurde in Spanien, Deutschland und England Meister, holte mit Barca die Champions League. Würde Liverpool diese Saison Meister werden, hätte Klopp in zwei Top-Ligen den Titel geholt. Aber was den Glam-Faktor angeht, ist er inzwischen mit dem Spanier auf Augenhöhe. Dazu kommt, dass Jürgen Klopp inzwischen seine eigene Marke ist.
Dutzende Werbeverträge hat er in den letzten Jahren eingesammelt. Dazu hat er mit Strahlkraft, Siegeswillen und Charisma andere Branchen auf sich aufmerksam gemacht und hält Vorträge über Motivation und Mitarbeiterführung bei großen Konzernen. Im Manager Magazin wurde er als „König Klopp“ bezeichnet. Trotzdem ist er der Kumpeltyp geblieben, mit dem man gerne mal mit `nem Bier am Tresen fachsimpeln möchte.