McLaren GT: Mit 326 km/h in den Golfurlaub

Wenn McLaren ein neues Auto vorstellt, dann ist es im Normalfall eine kompromisslose Waffe für den Track wie der Senna. Oder auch mal ein Hochgeschwindigkeits-Sportler wie der Speedtail, der als erstes Modell der Briten die magische Grenze von 400 km/h knacken soll.

Doch vor der aktuellsten Präsentation kündigte McLaren schon an, sich nicht an die alten Regeln zu halten – und tatsächlich baut die Sportwagen-Schmiede ab sofort einen „gemütlichen“ Grand Tourer, der auf den schlichten Namen McLaren GT hört. Und zwar gemütlich, aber alles andere als langweilig ist.

Wider dem Elektro-Trend

Während sich die deutschen Hersteller mittlerweile mit voller Kraft auf Elektro-Antriebe stürzen und auch im Sportwagen-Bereich Batterien – und wenn nur in Form von Hybrid-Antrieben – zunehmend Platz finden, bleibt McLaren der puren Feuerkraft treu:

In der Mitte des GT ist der aus anderen Modellen bekannte 4-Liter-V8 zu finden, der von zwei Turboladern zwangsbeatmet wird. Und da McLaren Turbos und Teile des Motors überarbeitet hat, liefert das Aggregat im neuesten Modell knapp 620 PS und immerhin 630 Nm.

In Kombination mit dem Doppelkupplungsgetriebe ist der GT so alles andere als langsam: Gerade einmal 3,2 Sekunden soll der Sprint auf 100 km/h dauern, Schluss ist erst bei 326 km/h. Das sollte für flotte Autobahnfahrten doch mehr als ausreichend sein.

Im Herzen Sportwagen

Auch wenn McLaren immer wieder betont, alte Regeln hinter sich lassen zu wollen, kann der GT seine Herkunft natürlich nicht verbergen. Denn nicht nur der standesgemäße V8 verrät die Supersportwagen-Gene:

Basis des GT ist ein Carbon-Monocoque mit Aluminium-Anbauteilen, das vom rekordverdächtig schnellen McLaren Speedtail abgeleitet wurde. Und damit der gerade einmal anderthalb Tonnen schwere GT genauso schnell anhält wie er beschleunigt, sind optional Carbon-Keramikbremsen erhältlich.

Doch Moment mal, bisher hört sich das alles mehr nach Supersportler als GT an – kommen wir also zu den Punkten, die das neueste Mitglied der McLaren-Familie zum Kilometerfresser machen.

Urlaub gefällig?

Wer sich bisher mit einem McLaren auf den Weg ins Wochenende machen wollte, musste sich auf den lächerlich kleinen Kofferraum in der Front beschränken: Gerade einmal 150l Stauraum machen Modelle wie den 720 S nicht gerade zur ersten Wahl für die Fahrt in den Kurzurlaub.

Das ändert sich mit dem GT – denn obwohl der Motor weiterhin in der Mitte sitzt, findet sich unter der Heckklappe tatsächlich ein Kofferraum. Und der ist mit 420 Litern deutlich größer als zum Beispiel bei einem Polo.

Das erreicht McLaren, indem der Motor um ganze 12 Zentimeter abgesenkt wird. Zwischen der Motorverkleidung mit Leder-Oberfläche und der langgezogenen, verglasten Heckklappe finden so problemlos das Golfset oder zwei Paar Ski Platz.

Luxus im Innenraum

McLaren ist bekannt für Innenräume, die ganz auf den Track ausgerichtet sind. Man erinnere sich an den drehbaren Tacho, der etwa im 720 S verbaut wurde und dem Fahrer nur die Infos zeigte, die wirklich wichtig sind.

Ganz anders der McLaren GT: Neben den voll digitalen Instrumenten hinter dem Lenkrad befindet sich in der Mitte ein großzügiger Touchscreen, über den das Infotainment-System gesteuert wird. Und zumindest das soll deutlich schneller sein als die bisherigen in McLaren verbauten Varianten.

Dazu setzen die Briten nur auf feinste Materialien: Leder, Kaschmir und Aluminium kommen zum Einsatz und verleihen dem GT ein Erscheinungsbild, das wie eine Kreuzung aus klassischem McLaren-Interior und einem Hauch Bentley wirkt.

Gemütlich heißt leise – oder?

Damit die Reise in den bequem gepolsterten Sportsitzen so angenehm wie möglich wird, setzt McLaren ganz auf Geräuschvermeidung: Nicht nur die Reifen, selbst die Beschichtung des Dachs ist darauf ausgelegt, möglichst wenig Fahrgeräusche zu erzeugen.

Doch bevor falsche Ängste aufkommen: Selbstverständlich hört dieser ganze Lautlos-Irrsinn auf, wenn es an den Motorsound geht. Denn aus den zwei Auspuffrohren des GT kommt allerfeinster V8-Klang, wie wir ihn von britischen Supersportwagen gewohnt sind.

Der Urlaubs-Transporter für Sportwagen-Fanatiker

Zugegeben, so wirklich praktisch ist der McLaren GT noch immer nicht – aber immerhin könnt ihr in den Skiurlaub fahren, ohne eine Skibox auf euren Supersportwagen schrauben zu müssen. Und kommt dank der großzügigen Komfort-Ausstattung sicher ohne Rückenschmerzen am Ziel an.

Der GT ist damit der perfekte Wagen für alle McLaren-Fans, die ihren Wagen Tag für Tag fahren wollen und gleichzeitig an ihren Bandscheiben hängen – vorausgesetzt, sie geben ihr Geld nicht lieber für einen Bentley Continental GT aus. Denn mit rund 200.000 € ist der McLaren GT genauso teuer wie der Inbegriff des britischen Grand Tourers.

Frederick Kromm

Freddy studiert was mit Wirtschaft, arbeitet was mit Medien, schreibt gern über Fitness, Gadgets, Games und träumt mit seinem Hund vom Staubsaugroboter.