In Sachen Breitband ist Deutschland eine Schnecke, weil die Politik es mit Beginn der 1980er-Jahre versäumte, die richtigen Weichen für ein schnelles bundesweites Glasfasernetz zu stellen.
Der Staat fördert den Breitbandausbau seit 2014 mit Milliardensummen, doch der Ausbau schreitet im internationalen Vergleich viel zu langsam voran und bei direkten Glasfaseranschlüssen ist es ein echtes Trauerspiel.
Wer jetzt glaubt, dass BER und Stuttgart 21 zu den peinlichsten Blamagen der deutschen Neuzeit zählen, sollte die Augen weit aufmachen. Wir haben bereits ein Glasfasernetz – sogar bundesweit – und das alles schon seit fast 40 Jahren! Stimmt nicht? Auf dem Papier schon.
Bundesweites Glasfasernetz im April 1981 beschlossen
Die damalige sozialliberale Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte im April 1981 einen bundesweiten Glasfaserausbau verabschiedet, dessen Ausführung die Bundespost (heute Deutsche Telekom) übernehmen sollte. Nach den Planungen sollte mit dem Breitbandausbau im Jahr 1985 begonnen und dafür jährlich 3 Milliarden DM zur Verfügung gestellt werden.
Innerhalb von 30 Jahren bis 2015 sollte ein deutschlandweites Glasfasernetz entstehen. Die Geschichte verlief zum Nachteil für uns Bürger anders als erwartet. Erst zu unserer Zeit wurden die Pläne durch Dokumente aus dem Bundesarchiv bekannt…
Bundeskanzler Kohl kassiert Breitbandpläne ein
Nach der siegreichen Bundestagswahl kassierte Bundeskanzler Helmut Kohl im Jahr 1983 die Planungen für den Aufbau eines auf Glasfaser basierenden Breitbandnetzes ein. Der Fokus der Bundesregierung lag stattdessen auf der Einführung privater TV-Sender und einer damit verbundenen Verlegung von Kabelnetzen.
Die Breitband-Pläne Schmidts schienen der schwarz-gelben Regierung offenbar zu sehr nach „Science-Fiction“ zu klingen, weshalb das Vorhaben zugunsten von Privatfernsehen eingestampft wurde. Wo wären wir heute, hätte die Regierung Kohl die Pläne für ein Glasfasernetz nicht in der Versenkung verschwinden lassen?
Breitband in Deutschland 2018
Seit der fatalen Fehlentscheidung im Jahr 1983 sind 35 Jahre vergangen und Breitband-Internet steht bundesweit zur Verfügung. Vor drei Jahren startete die „Netzallianz Digitales Deutschland“ mit dem Ziel ein Gigabit-Netz bis 2025 unter Einsatz der Glasfaser und dem neuen Mobilfunkstandard 5G aufzubauen.
Eine Rekordsumme von 100 Milliarden Euro soll in die Umsetzung gigabitfähiger konvergenter Netze investiert werden. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert den Breitbandausbau in unterversorgten Regionen mit vier Milliarden Euro jährlich. Seit diesem Jahr sind es drei Milliarden jährlich und laut Bundesinfrastrukturminister Alexander Dobrindt (CSU) habe die Wirtschaft zugesagt bis 2028 eine Investition von 80 Milliarden Euro in Netzinfrastruktur zu leisten.
Breitbandversorgung nicht optimal
Die Breitbandversorgung in unserem Land mag zwar nicht alarmierend sein und doch ist die Versorgungslage mit Breitband-Internet vor allem in ländlichen Regionen alles andere als optimal. Mit Stand Mitte 2017 steht leitungsgebundenes Breitband (DSL, Kabel, Glasfaser) für 97,7 Prozent aller Haushalte in der BRD zur Verfügung, wie die Daten bei Statista zeigen. Unter Einbeziehung der Breitbandtechnologien 2G, 3G und 4G besteht eigentlich eine vollständige Breitbandversorgung. Die Bandbreiten fallen je nach Region jedoch höchst unterschiedlich aus.
Politik verschläft Digitalisierung
Nach Vorgaben der Bundesregierung soll jeder Haushalt bis Ende 2018 einen Breitbandzugang mit mindestens 50 Megabit Bandbreite besitzen. Das Ziel erscheint sehr ambioniert, auch wenn die Deutsche Telekom AG, Deutsche Glasfaser, Unitymedia und kleinere Anbieter beim Glasfaserausbau ordentlich auf das Gaspedal drücken. Im Bereich Glasfaser sind wir mit mageren rund 3 Millionen Haushalten, die einen direkten Glasfaseranschluss haben, ein Schlusslicht.
Jetzt, wo die Digitalisierung verstärkt Einzug in unser Leben hält, wird die Politik beim Thema Glasfaserausbau aktiv. Viel zu spät! In Japan, Südkorea und Singapur surfen die Menschen teilweise schon mit 1 Gigabit pro Sekunde für deutlich weniger als 50 Euro monatlich im Internet.
Ich düse seit Ende Januar 2018 mit sagenhaften 400 Megabit pro Sekunde durch das World Wide Web. Welche Bandbreite hat dein Internetzugang?