Die Wiener Küche: Mehr als Mehlspeise und Wiener Schnitzel

Was verbindest du mit dem Begriff Wiener Küche? Die meisten denken da an Mehlspeisen, Wiener Schnitzel und die Liebhaber von Kuchen und Süßkram – allenfalls noch die legendäre Sachertorte.

Doch die sagenhaften Schmankerl wie Kaiserschmarrn und Sachertorte sind nur zwei von zahlreichen weiteren Gipfeln der kulinarischen Genüsse in der österreichischen Landeshauptstadt – was viele Genießer aber nicht wissen.

Was essen die Wiener?

Heute haben sich die Wiener bezüglich ihrer Essgewohnheiten internationalen Gewohnheiten angepasst und damit zweifellos verschlechtert. Aufwendige Spezialitäten wie Tafelspitz, der traditionell mit geriebenem Kren, Salzkartoffeln und Spinat serviert wird, lassen sie sich lieber im Gasthaus servieren.

Das gilt natürlich auch für das Ganserlessen im November, das einen kulinarischen Höhepunkt im Herbst darstellt. Serviert wird der Gänsebraten mit Knödeln und Blaukraut.

Scharf macht lecker: Selchfleisch mit Chili

Auch wenn sich viele Gerichte wie der Zwiebelrostbraten oder Kasseler, das sogenannte Selchfleisch, das mit Sauerkraut und Semmelknödeln, serviert wird, nicht großartig von der bayerischen Küche zu unterscheiden scheinen, gibt es dennoch einen großen Unterschied: Die Wiener essen – ebenso wie die Ostösterreicher – schärfer als der Rest der Bevölkerung im deutschsprachigen Raum.

Gewürzt werden die Gerichte nämlich gern mit klein geraspelten Chili-Schoten, die es als Mix selbst im Discounter zu kaufen gibt. Einige Sorten in diesen Mixes sind richtig fies und treiben dem Koch schon bei der Zubereitung die Tränen in den Augen.

Fast Food auf Österreichisch

Nahezu an jeder Ecke Wiens findet sich für Hungrige ein Würstelstand und an dem üblicherweise Wiener, Eitrige (also Käsekrainer) oder die Burenwurst. Besucher der Stadt sollten bei ihrer Bestellung allerdings überlegen, was sie sagen.

Wer in Wien ein Wiener Würstchen bestellt, hat sich mit nur einem Satz als Piefke – eine scherzhafte Bezeichnung für Deutsche – entlarvt und es sich an so manchem Stand mit der traditionellen Gastlichkeit der Österreicher verscherzt.

Bildquelle: european-food.com

Wiener Würstchen heißen in Österreich Frankfurter und nicht anders. Noch breiter gefächert ist das Angebot an den Ständen – meist im Umfeld der verschiedenen Weihnachtsmärkte – in den Wintermonaten. Dann gibt es als schnellen Snack auch gebratene Maroni, Kartoffelpuffer, gebratene Erdäpfel, also Kartoffeln, und geröstete Mandeln.

Was zeichnet die Wiener Küche aus?

Im Grunde ist die typische Wiener Küche nicht mehr als ein Mischmasch aus verschiedenen Küchen Europas, welche die Wiener geschickt zu einer eigenen Küche vermischt haben. Italienische Einflüsse lassen sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Das zeigt sich bereits an der Bezeichnung verschiedener Zutaten.

Beispielsweise versteht in Wien kein Gemüsehändler den Begriff Aubergine, weil das Gemüse in Wien halt eben Melanzani heißt. Aber auch Einflüsse aus der französischen, ungarischen und südosteuropäischen Küche und dem Rest Europas lassen sich auf den Speisekarten finden.

Warum ist die Wiener Küche so vielfältig?

Die Vielfalt der Wiener Küche hat zwei historische Gründe: In Wien fand vom September 1814 bis zum Juni 1815 der Wiener Kongress statt. Bei diesem trafen sich Vertreter aus etwa 200 Staaten, um Europa neu zu ordnen, nachdem Napoleon den Kontinent ins Chaos gestürzt und seine größenwahnsinnigen Eroberungspläne grandios versemmelt hatte.

Natürlich wollte sich der Gastgeber, Österreichs Außenminister Fürst von Metternich nicht lumpen lassen und ließ die Gäste nach allen Regeln der Kunst bewirten. So manches Detail aus dieser Zeit dann eben in der österreichischen Küche hängen geblieben.

Darüber hinaus verfolgten die österreichischen Kaiser eine andere und weniger aggressive Außenpolitik als andere Staaten. Nicht umsonst stammt der Spruch „Kriege lass andere führen, du glückliches Österreich, heirat´“ aus jener Zeit. Will heißen: Die österreichischen Kaiser erwarben neue Besitzungen durch eine kluge Heiratspolitik.

Die Bevölkerung in den neuen Gebieten hatte also einen völlig anderen Status, als es beispielsweise bei Untertanen der britischen Krone in den Kolonien der Fall war. Die Folge: Es kam zu einer stärkeren Vermischung der Bevölkerung und die Wiener Neubürger brachten natürlich auch ihre Essgewohnheiten in die Donaumetropole, wo sich dann die Einflüsse vieler Länder vermischten.

Harald Pfliegl

Harry interessiert als ausgebildeten Lokaljournalisten grundsätzlich alles außer Technik. Nach einer mehrjährigen Odyssee durch Bayern und einem dreijährigen Intermezzo im Wiener Umland lebt und arbeitet er heute in Regensburg.