Klaus Kinski – ein genialer Irrer! War er Schauspieler oder nur Selbstdarsteller?

Die einen lieben ihn und vergöttern ihn regelrecht. Die anderen hassen oder verachten ihn: Klaus Kinski, den Parade-Irren der deutschen Filmgeschichte. Seine Rollen waren psychopathische und getriebene Charaktere, was ihn auch auf internationaler Ebene zu einem der gefragtesten deutschen Schauspielern machte.

Seine Wutausbrüche sind legendär. Insbesondere gegenüber dem Regisseur Werner Herzog, mit dem Klaus Kinski scheinbar eine innige Hassliebe verband. Beispielsweise in Fizcarraldo, wo er über zehn Minuten lang vor laufender Kamera alles und jeden aufs übelste beschimpfte und schließlich zornentbrannt vom Set rannte.

Dennoch schuf das Duo Kinsi/Herzog Meisterwerke wie „Aguirre, der Zorn Gottes“, die Filmgeschichte schrieben. Nach Kinskis Tod am 23. November 1991 wurden Vorwürfe laut, er habe seine Tochter sexuell missbraucht, was ihm bis heute vorgeworfen wird. Doch mindert das seine schauspielerische Leistung?

Nichtsdestotrotz bleibt die künstlerische Leistung Klaus Kinskis unbestritten: Er gilt als einer der größten deutschen Schauspieler überhaupt. Abonniert war Kinski auf die Rolle des Psychopaten. Als solcher feierte er auch international Erfolge. Und böse Zungen behaupten, er habe dafür nicht einmal schauspielern müssen, sondern nur sich selbst gespielt.

Wer war Klaus Kinski?

Klaus Kinski

Dass Klaus Kinski eine äußerst widersprüchliche Persönlichkeit war, zeigt sich allein aus den Schilderungen über sein Kindheit und Jugend. Er selbst hatte seine Familie als arm bezeichnet, während seine älteren Brüder sie als gutbürgerlich beschrieben. Ebenso wenig lassen sich die Umstände seiner Kriegsgefangenschaft durch die Briten während des Zweiten Weltkrieges nachvollziehen.

Jedenfalls nahm in dieser Zeit seine grandiose Karriere ihren Anfang: Klaus Kinski spielte auf einer provisorischen Lagerbühne eine Rolle im Stück „Pech und Schwefel“, ohne jemals eine klassische Schauspielausbildung genossen zu haben. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schlug sich Klaus Kinski nach Berlin durch, wo er auf verschiedenen Bühnen auftrat. Einer breiten Öffentlichkeit wurde Klaus Kinski aber erst in späteren Jahren bekannt, als er in diversen Edgar-Wallace-Verfilmungen mitwirkte.

Der Mensch Klaus Kinski

Geboren wurde Klaus Kinski am 18. Oktober 1926 in Danzig als viertes Kind eines Apothekers und einer Krankenschwester. Vier Jahre nach Klaus Kinskis Geburt zog die Familie nach Berlin. Die Schulzeit dort scheint alles andere als einfach für ihn gewesen zu sein. Denn nach eigener Aussage, musste Klaus Kinski schon als Schüler Geld verdienen. Das machte er als Laufjunge, Schuhputzer, aber auch als Leichenwäscher. Während er sagte, die Familie sei arm gewesen, behaupteten seine Brüder das Gegenteil. Als jüngstes Kind sei er von den Eltern sogar besonders umsorgt worden.

Wie nahezu jeder junge Mann aus seiner Generation wurde auch Klaus Kinski während des Zweiten Weltkriegs in die Wehrmacht eingezogen: Er leistete seinen Dienst 1944 bei einer Einheit von Fallschirmjägern an der Westfront. Aber schon gegen Ende des Jahres geriet er unter reichlich abenteuerlichen Umständen in britische Gefangenschaft. Und hier schnupperte er auch zum ersten Mal Theaterluft: Kinski spielte im Oktober 1945 auf einer provisorischen Bühne seine erste Rolle.

Klaus Kinski persönlich

Nicht minder chaotisch verlief Klaus Kinskis Privatleben. Unter anderem lebte er in München, Wien, Berlin, Rom, Paris und Los Angeles . Während dieser Zeit war er dreimal verheiratet. Bekannt ist Klaus Kinski auch im Privatleben für sein äußerst wechselhaftes Temperament, das sein komplettes Gefühlsspektrum von liebenswerter Sanftheit bis hin zu Zornesausbrüchen abdeckte. Diese Wutanfälle brachen auch am Set üblicherweise dann aus, wenn Klaus Kinski offensichtlich das Gefühl hatte, zu wenig beachtet zu werden.

Und auch in der Öffentlichkeit präsentierte er sich meist exzentrisch bis aggressiv. Doch auch hier widersprechen sich die Aussagen. Während sein Sohn Nikolai den Vater niemals ausfallend erlebt haben will, wünschte seine Tochter Nastassja ihn hinter Gitter.

Kinskis Ruf als Enfant Terrible wurde endgültig manifestiert, als seine älteste Tochter Pola in einem 2013 erschienenen Buch behauptete, Kinski habe sie über 14 Jahre hinweg sexuell missbraucht. Nachdem Klaus Kinski zwölf Jahre zuvor verstorben ist, lassen sich diese Vorwürfe leider nicht mehr überprüfen oder juristisch aufarbeiten.

Treffen die Vorwürfe zu, ist er – menschlich betrachtet – zweifellos eine absolute Drecksau. Kinskis künstlerischer Leistung tut das aber keinen Abbruch und noch heute würden sich viele Schauspieler und Regisseure ein Bein ausreißen, um mit ihm zusammen arbeiten zu können.

Auf dem Weg zum Ruhm

Nach dem Krieg hatte Klaus Kinski – dem jegliche klassische Schauspielausbildung fehlte – zunächst in Baden-Baden und Tübingen an Theatern gearbeitet. Bereits 1946 gelang ihm der Sprung auf bekannte Bühnen in Berlin wie dem Schlossberg Theater. Bereits ein Jahr später erhielt er auch seine erste Filmrolle. Richtig bekannt wurde er allerdings erst durch seine Rollen in den Verfilmungen von Edgar Wallace-Krimis.

Später spielte er in legendären Filmen wie Doktor Schiwago oder Nosferatu – Phantom der Nacht und festigte damit seinen Ruf als lebende Schauspiel-Legende. Privat hatte er jedoch weniger Glück: Insgesamt scheiterten drei Ehen. Das dürfte nicht zuletzt seinem von allen gefürchteten Temperament gelegen haben. Denn Kinski konnte einerseits sanft und liebenswürdig sein, hatte aber auch einen Hang zu Zornesausbrüchen übelster Art. Dieses wechselhafte Temperament nahm Werner Herzog in Mein liebster Feind zum Thema. Denn obwohl der Regisseur von Kinski während der Dreharbeiten oft gedemütigt wurde, schätzte er doch die Kreativität, die sich zwischen den beiden entwickelte. Das Enfant terrible des deutschen Films verstarb am 23. November 1991 in Kalifornien. Die Todesursache waren Herzprobleme.

Harald Pfliegl

Harry interessiert als ausgebildeten Lokaljournalisten grundsätzlich alles außer Technik. Nach einer mehrjährigen Odyssee durch Bayern und einem dreijährigen Intermezzo im Wiener Umland lebt und arbeitet er heute in Regensburg.