Macht doch alle, was ihr wollt! Das hat sich das Bundesverwaltungsgericht heute gedacht. Statt eine einheitliche Regelung zu ermöglichen, darf jetzt tatsächlich jede Kommune selber entscheiden, ob Diesel dort fahren dürfen oder nicht.
Hamburg schlägt sofort zu. Die Elbmetropole wird bereits ab April Fahrverbote für Diesel durchsetzten. Nicht überall, aber der dortige Senat hat heute erklärt, dass zumindest zwei Straßen in Altona-Nord davon betroffen sein sollen.
Wie geht es weiter? Was müssen Besitzer von Dieselfahrzeugen beachten und wie betrifft das dich?
Ich werde meinen Diesel wohl morgen doch noch fahren dürfen!
Natürlich. Nur nicht vielleicht übermorgen – oder zumindest in ein paar Monaten. Je nachdem wo du wohnst und was deine Kommune dazu sagt, kann es sein, dass dein Auto ein Fahrverbot bekommt. Dafür sollen Schilder aufgestellt werden. In Deutschland stehen ja noch nicht genügend Schilder am Straßenrand! Hamburg startet damit offenbar noch diese Woche – also mit der Bestellung. In Stuttgart soll der Schilderwald ab Herbst aufgeforstet werden.
Nur weil Hamburg einmal im Leben schnell etwas umsetzt, bin ich doch nicht betroffen!
Nein, auf gar keinen Fall. Es sei denn deine Kommune ist auch übereifrig. Ist deine Stadt viel befahren, ist die Chance hoch, dass die Verbote bald umgesetzt werden. Wohnst du in einem Kuhkaff, hast du sowieso bessere Luft und vermutlich auch entspannte Politiker. München hat auf bestimmten Straßen die höchste Belastung, also das meiste Stickstoffdioxid in der Luft. Stuttgart und Köln folgen auf den Plätzen. Hier wird es mit hoher Wahrscheinlich ein paar Schilder mehr geben.
Frag bei deiner Gemeinde oder im Rathaus deiner Stadt nach! Die werden morgen in den meisten Fällen noch keine Ahnung haben, aber dort erfährt du auf jeden Fall, was bei dir in der Region korrekt ist. Verläuft dein Arbeitsweg durch mehrere Kommunen, darfst du mehrere Telefonate führen. Glückwunsch.
Und jetzt sind ganze Innenstädte gesperrt und ich darf da nicht mehr fahren?
Das wäre ja komplett verrückt. Du ahnst jetzt schon was kommt: Es ist Entscheidung der Kommune. Gibt es bei dir zu viele Grünwähler, kann es sein, dass es großräumige Verbote gibt. In der Regel werden aber nur einige vielbefahrene Straßen betroffen sein. Hoffen wir einmal.
Gibt es irgendwo in Deutschland Diesel-freundliche Städte?
Ja. Das hängt vom getesteten Grenzwert ab. Bremen, Potsdam, Dresden, Leipzip, Koblenz, Fulda, Kassel, Würzburg, Marburg und Norderstedt. Diese Städte hatten 2016 noch zu hohe Werte. Konnten diese aber 2017 unter den entscheidenden Punkt senken. Hoffentlich ohne Beratung von VW.
Puh, OK, das geht noch ja. War es das mit der Bürokratie?
Hahaha. Stichwort: Luftreinhalteplan. Klingt sexy, nicht wahr? Der soll besagen, wonach entschieden wird, welche Diesel Fahrverbote bekommen. Das ist auch noch gar nicht geklärt! Allerdings sieht es derzeit so aus, als wären die Abgaswerte dafür entscheidend. Euro 5 wird verboten. Euro 6 darf fahren. Und jetzt wird es noch einfacher: Laut dem Bundesverwaltungsgericht dürfen die Kommunen sogar entscheiden, ob an bestimmten Tagen in der Woche Fahrverbote herrschen oder nicht!
Kontrolliert wird das alles aber erst einmal sowieso nicht, weil die Polizei dafür gar keine Manpower übrig hat. Außerdem bräuchten viele Polizeiwägen dann eine Sondergenehmigung – weil sie selber Diesel sind – um letztlich die anderen Dieselfahrzeuge kontrollieren zu können. Ein cleverer Schildbürgerstreich der Bananenrepublik Deutschland.
Ich hole mir die blaue Plakette – mir kann keiner was!
In der Tat. Die blaue Plakette ist tatsächlich hilfreich. Aber nur für die Behörden, wenn sie Fahrverbote kontrollieren. Ob du mit Euro 6 und damit der blauen Plakette fahren darfst, ist wie oben geschrieben noch nicht in trockenen Tüchern und dann auch nicht überall sicher.
Zudem gibt es noch den Haken, dass die Plaketten-Regelung erst noch vom Bund abgesegnet werden muss. Erst dann kannst du sie bei DEKRA, ADAC oder TÜV holen.
Was ist mit Rettungswägen, Lieferanten und Handwerkern?
Mit der entsprechenden Genehmigung dürfen diese dann auch zum Zielort fahren. Bei Feuerwehr, Notarzt und Polizei hilft der Notfall und das Blaulicht. Das setzt sonstige Beschränkungen außer Kraft. Ob aber deine Amazon-Pakete jetzt auch bis ans Ende deiner Straße gefahren werden, ist noch nicht raus. Es könnte im Extremfall tatsächlich so sein, dass einige bestimmte Adressen von Lieferanten und Handwerkern nicht mehr angefahren werden können. Doch auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Haha, ich fahre einen Benziner. Endlich mehr Platz auf den Straßen!
Glückwunsch, du bist fein raus. Also eigentlich. Außer die blaue Plakette kommt und dein Benziner hat Euro 2 oder schlechter. Dann schaust du auch in die Röhre, aus der zu viel Abgase kommen.
Ich will mir demnächst einen neuen Wagen kaufen. Was mach ich jetzt?
Geht mir ähnlich. Die offizielle Empfehlung ist neue Wagen auf maximal vier Jahre leasen. Dann hast du nicht das Verbotsproblem, sondern der Leasinggeber. Ist das nicht wunderbar? Da werden die Raten bestimmt viel günstiger bei diesem zusätzlichen Risiko für das Autohaus.
Was bleibt? Keine gebrauchten Benziner mit Euro 2 oder schlechter kaufen – und keine gebrauchten Diesel mit Euro 5 oder schlechter. Wenn du so einen verkaufen willst, dann lieber jetzt noch schnell, bevor es alle verstanden haben. Andersherum gedacht: Wer in Kommunen wohnt, die nicht betroffen sind, kann sich später im Jahr sicherlich günstiger Autos aus betroffenen Gegenden kaufen.
Gute Fahrt.
Gesendet aus dem Home Office.