Schon das neue Harry-Potter-Spiel »Hogwarts Mystery« ausprobiert? Dann ist euch bestimmt schnell die »Accio-Energie« ausgegangen und ihr habt das Smartphone genervt zur Seite gelegt. Das Energie-Modell ist nur eine der gängigen Methoden, um den Spieler immer wieder zahlen zu lassen. Im Folgenden will ich euch einen kleinen Überblick zum Problemthema „Microtransactions“ verschaffen.
Microtransactions sind schon seit Langem eine Normalität in MMORPGS oder Mobile-Games. Seit einigen Jahren haben sie jedoch auch in Kassenschlagern wie »Call of Duty« oder »FIFA« Einzug genommen. Während es zunächst nur harmlose Waffen-Tarnungen oder besondere Outfits waren, sind in den letzten Jahren deutlich perfidere Methoden dazugekommen. Die bekannteste ist wohl mittlerweile die Loot-Box. Zufallsgeneriert spuckt sie, je nach Spiel, Power-Ups, Waffen, Skins und Weiteres aus.
Loot-Box = Glücksspiel?
Der Shooter »Star Wars Battlefront II« hat im letzten Jahr spektakulär gezeigt, wie man die Geldgier auf die Spitze treiben kann. Um alle Inhalte über Loot-Boxen freizuschalten hättest du angeblich etwa 2.100 Dollar ausgeben oder über 4.500 Stunden spielen müssen. Seitdem hat der Entwickler heftig zurückgerudert und das System mehrmals überarbeitet. Das Vertrauen der Kunden bleibt jedoch beschädigt.
Dieser Vorfall ist aber lediglich die Spitze des Eisbergs. Immer wieder werden Loot-Boxen zu Recht mit Glücksspiel verglichen. Allerdings sind die Kunden hier oft nicht Erwachsene, die sich der Kosten und des damit verbundenen Risikos bewusst sind. Viele Spiele wenden sich mit ihrem Marketing direkt an jüngere Konsumenten. In einigen Fällen gaben Kinder über die Kreditkarten ihrer Eltern unfassbare Summen für Microtransactions aus. Ein Video dazu findet ihr weiter unten. Die Hemmschwelle ist nun mal wesentlich geringer, wenn es keine unmittelbaren Folgen gibt, und das nächste Power-Up nur einen Klick entfernt ist.
Microtransactions ohne Frust
Nicht in jedem Spiel müssen Mikrotransaktionen zum Ärgernis werden. Der Scifi-Ninja-Shooter »Warframe« wird immer wieder für sein faires Spielkonzept gelobt. Ein wichtiger Faktor hierbei ist, dass das Grundspiel gratis ist. Trotzdem hat es einen schicken Look, eine flüssige Technik und einen großen Spielumfang. Die Ingame-Währung „Platinum“, kannst du durch das Tauschen von Waffen und Ausrüstung erhalten. Mit ihr kannst du sämtliche Inhalte im Spiel freischalten, ohne einen Cent echtes Geld auszugeben.
Aber nicht nur in Multiplayer Games sind die Microtransactions allgegenwärtig. In kampagnenorientierten Spielen wie »Mittelerde: Schatten des Krieges« und »Assassins Creed Origins« könnt ihr mittlerweile auch allerlei Items erkaufen. Letzteres ist ein Beispiel dafür wie Microtransactions in ein Single-Player-Spiel eingebaut werden kann, ohne für den Spieler lästig zu werden. Ich persönlich verspürte keinmal das Bedürfnis, bessere Waffen oder Reittiere zu kaufen. Du findest im regulären Spielverlauf genügend Items oder zumindest Geld um diese zu kaufen, als dass du in Kauf-Verführung geraten würdest.
»Schatten des Krieges« hingegen, zeigte eine beängstigende Entwicklung für Singleplayer-Games. Das Spiel integrierte Loot-Boxen als wesentlichen Gameplay-Bestandteil. Das „Nemesis“-System, in dem ihr einen Ork über längere Zeit bekämpft und kennenlernt, wurde durch sie nahezu obsolet. Mit den Boxen konntet ihr Orks freischalten, die sich einem sofort anschließen. Glücklicherweise wurde dieser Missstand auch Entwickler Monolith bewusst. Bis zum 8. Mai wollen sie alle Microtransactions aus dem Spiel entfernen.
„Allein das Bewusstsein, dass es möglich ist sie zu kaufen, reduziert die Immersion in diese Welt […]“, äußerte sich ein Sprecher Monolith’s zu dieser Entscheidung. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf. Gerade bei Singleplayer-Games, die nicht auf ein kompetitives Gameplay setzen, hinterlassen Mikrotransaktionen immer einen bitteren Nachgeschmack. Warum ein Spiel überhaupt noch spielen, wenn jede Herausforderung mit dem Griff ins Portemonnaie übersprungen werden kann?
Entwickler werden zur Rechenschaft gezogen
Das Ausmaß dieser Problematik ist mittlerweile auch an die Politik vorgedrungen. Vorreiter Belgien hat im April als erstes ein Verbot für die Loot-Boxen einiger Spiele (Darunter FIFA, CS:GO und Overwatch) erlassen. Sie fallen unter das das belgische Glücksspiel-Gesetz und würden daher eine passende Lizenz erfordern. Ein Vergehen soll mit Geldstrafen bis zu 800.000 Euro oder Haftstrafen von bis zu 5 Jahren geahndet werden. In Deutschland und anderen Ländern denkt die Politik bereits über ähnliche Maßnahmen nach.
Doch wie reagieren die Spieleentwickler darauf? Dass das Feature nur in einigen Ländern gestrichen wird, ist unwahrscheinlich. Die Spieler hätten dadurch einen zu großen Nachteil. Ein kompletter Verzicht ist ebenfalls undenkbar, da die Glückskisten wahre Goldesel sind. Activision hat 2017 etwa vier Milliarden Dollar nur mit Microtransactions verdient. Wahrscheinlicher ist, dass das System entsprechend abgeändert wird, um nicht mehr als Glücksspiel zu gelten.
In jedem Fall ist das Eingreifen der Politik aber ein Schritt in die richtige Richtung. Ein kommerzieller Erfolg muss auch ohne Abzocke und die damit verbundene Minderung der Spielqualität möglich sein.