Der Echo und die Vorwürfe gegen Kollegah und Farid Bang

Der deutsche Rap bekommt aktuell so viel Aufmerksamkeit wie schon lange nicht mehr. Der Grund: Die Musiker Kollegah und Farid Bang wurden mit dem deutschen Musikpreis Echo ausgezeichnet. Und das trotz Antisemitismus-Vorwürfen.

Mehrere ehemalige Preisträger haben sogar ihre Echos zurückgegeben und das Plattenlabel BMG hat die weitere Zusammenarbeit mit den beiden Rappern unterbrochen.

Bei der Debatte dreht es sich meist um speziell zwei Textzeilen, die als judenfeindlich gelten. Da stellt sich die Frage: Wie weit darf Rap gehen? Schließlich ist es eine Kunstform, die geprägt ist von Schimpfwörtern und Gesellschaftskritik.

Gewalt und Ausdrücke gehören dazu

Rap will polarisieren. Dazu gehört auch verbale Gewalt. Es hat sich sogar ein eigenes Genre daraus entwickelt: der Gangsta-Rap. Gewalt, Drogen und vulgäre Ausdrücke gehören da zur Tagesordnung. Hip Hop wurde im Laufe seiner Geschichte immer obszöner.

Woran liegt das? Wird die Gesellschaft vielleicht immer abgestumpfter? Ein bisschen schon. Schimpfwörter nutzen sich mit der Zeit ab und verlieren an Bedeutung. Als Bad Boy im harten Musikbusiness muss man also kreativ werden und entweder andere Wörter finden und sie negativ umdeuten (z.B. „Lauch“ oder „Opfer“) oder man muss immer härtere Geschütze auffahren.

Wie sieht die Sache nun bei den Antisemitismus-Vorwürfen von Kollegah und Farid Bang aus? Das Album „Jung, Brutal, Gutaussehend 3“, das mit dem Echo ausgezeichnet wurde, enthält unter anderem diese Textzeilen: „Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen“ und „Mache wieder mal ’nen Holocaust, komm‘ an mit dem Molotow“. Sind sie vielleicht einfach nur aus dem Zusammenhang gerissen? Denn so plump und politisch inkorrekt sie sind, wirklich antisemitisch kann man sie eigentlich nicht bezeichnen.

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Hip Hop und Judentum

Es geht jedoch um das Gesamtpaket, um die Szene in der sich die beiden Rapper bewegen. Und dieser Szene wird immer wieder Intoleranz gegenüber bestimmten Gruppen vorgeworfen. Nach dem Echo-Eklat hat nun auch der Rapper Ben Salomo die Schnauze voll und zieht sich aus der Szene zurück. Er selbst stammt aus Israel und vergleicht die deutsche Hip-Hop-Szene in Sachen Antisemitismus sogar mit der Rechtsrock-Szene.

Auch in Kollegahs Musikvideos findet man mehr oder weniger offene Andeutungen, die gegen das Judentum zu interpretieren sind. Sein Gangsta-Kollege Farid Bangs ist außerdem für Frauenfeindlichkeit und Gewalt bekannt.

Natürlich ist Provokation ein typisches Stilmittel im Hip Hop. Trotzdem gibt es auch da bestimmte Regeln. Das Wort „Nigger“ ist im amerikanischen Hip Hop beispielsweise für weiße Rapper tabu. Genauso heikel sind in Deutschland Holocaust-Vergleiche.

Kunst darf zwar Grenzen überschreiten, doch Kunst sollte das in einer reflektierten Art machen. Kollegah und Farid Bang haben in ihrem Album allerdings keine Kunst kreiert, um auf antisemitische oder gesellschaftliche Missstände hinzuweisen.

Kritik am Echo

Wie kam es also zu der Auszeichnung? Der Echo Pop wird anhand von Chartplatzierungen und Verkaufszahlen vergeben. Im Grunde entscheidet das Publikum, also die Musikhörer, wer den Preis erhält. Das wurde auch schon häufig kritisiert.

2013 gab es schon einmal eine Kontroverse um Frei.Wild. Der Deutschrockband wurde nationalistische Propaganda vorgeworfen. Damals wurde die Nominierung zurückgezogen mit der Begründung, dass der Echo kein geeigneter Schauplatz für öffentliche Debatten sei.

Ist das nicht das eigentliche Problem? Mit ihrem Album „Jung, Brutal, Gutaussehend 3“ ist den Rappern das gelungen, was sie wollten: Provokation und Aufmerksamkeit. Der Echo-Beirat gesteht mittlerweile ein, dass die Auszeichnung ein Fehler war.

Eine geschicktere Lösung wäre vielleicht gewesen, zu dem kommerziellen Erfolg des Albums zu stehen und zu hinterfragen, warum es so weit gekommen ist. Das Publikum lügt schließlich nicht. Zeigt aber damit auch, was gesellschaftlich eventuell falsch läuft. Die öffentliche Diskussion haben sie in beiden Fällen.

Über Antisemitismus im deutschen Rap:

Titelbild Quelle: echopop.de

Moritz Klenk

Moritz hat schon immer gerne und viel geschrieben. Also wurde er Journalist. Mittlerweile ist er selbständig und schreibt am liebsten über Musik, IT, Trends und Gesellschaft.