Mysterium Mann: Anleitung für den Abschiedsbrief an die Ex

Manchmal kommt es unerwartet. Manchmal kommt es mit einem langen Intro. Manchmal ist es schon lange egal, wann es kommt. Das Ende einer Beziehung ist der schmerzhafte Abschluss von besseren Tagen und der Schlussstrich einer emotionalen Zeit. Eine Trennung im Guten oder im Schlechten spielt dabei keine Rolle – es ist hart.

Altmodische Romantiker schwören in diesen Chaostagen auf die altbewährte Form des Briefschreibens. Um genau zu sein: Das Verfassen eines Abschiedsbriefes, um die gefallene Entscheidung bei der Partnerin doch noch einmal ins Wanken zu bringen und die Hoffnung wieder aufflammen zu lassen. Für Liebhaber von Tutorials gibt es am Beitragsende den Anleitungsclip zum formvollendeten Abschiedsbrief.

Reindenken, reinfühlen, reinsteigern

Wie beginnst du also den Brief, der den Anfang des bevorstehenden Trennungsschmerzes bilden wird? Das Geheimnis liegt nicht darin, was du sagst und in welchem Umfang du dein ganzes Leid auf das Papier ergießt. Profis fangen einen Schritt eher an und schaffen die richtige Stimmung für den Brief, der ihr die Welt bedeuten wird. Im besten Fall.

Fange am besten damit an dir alte Bilder von euch anzuschauen und aufzustellen. In Zeiten ausgestorbener Fotoabzüge die erste heikle Aufgabe, dies es zu bewältigen gilt. Aber auch eine effektvolle Slideshow vom PC ist im Notfall machbar. Lass die Bilder in Dauerschleife nebenher laufen und halte dir vor Augen, dass alles vorbei ist.

Profis, die sich die volle Packung Traurigkeit geben wollen, dürfen auch gerne die Vorhänge zu ziehen und Kerzen anzünden. Alles aussperren und jede positive Ablenkung mit düsterem Blick verschrecken. Den passenden Soundtrack liefern die alten Playlists aus gemeinsamen Zeiten. Alternativ sind wahllos ausgewählte Songs von Coldplay, Mark Foster oder Revolverheld immer der richtige Soundtrack für Liebeskummer.

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Startschuss für ungebändigte Gefühle

Alle Parameter sind justiert, damit du dich richtig mies fühlst. Jetzt kann es mit dem Niederschreiben deiner aufgewühlten Gedanken losgehen. Halt, der Alkohol fehlt noch. Um auch korrekt dramatisch zu sein, greife zur Flasche Rotwein, die du ursprünglich für das gemeinsame Essen mit ihren Eltern gekauft hast.

Die Kerzen leuchten, der Rotwein wurde zur Hälfte in einem Zug geleert und Mark Foster säuselt im Hintergrund was vom Scherbenhaufen. Inspiration für all die Dinge, die du deiner (Ex-)Freundin zum Abschied sagen willst. Das weiße Blatt Papier muss gefüllt werden, du setzt den Stift an. Überspringe die Erinnerungen und lass den wirklichen Emotionen freien Lauf.

Gar nicht so einfach, wenn der Rotwein bereits zu Kopf gestiegen ist. Aber als Profi weißt du, dass auch diverse Kurznachrichten im betrunkenen Zustand ihr Ziel nie verfehlten. Be a drunken poet! Der Stift fliegt nur so übers Papier, du versuchst mit verkniffenen Augen die Zeilen zu treffen bei der ungünstigen Beleuchtung und fragst dich, wann du das letzte Mal handschriftlich so viel geschrieben hast.

Der Ex muss alles gesagt werden

Übermannt von deinen Gefühlen und der drückenden Blase, die schon seit Minuten gegen den Liter Rotwein ankämpft, beendest du das Manifest voller Liebe, durchgestrichenen Absätzen und kleinen Zeichnungen von Penissen am Blattrand. Mit Tränen in den Augen schaust du auf deinen Brief. Du kannst es nicht zurückhalten: Der Rotwein muss raus.

Erleichtert kehrst du an den Schreibtisch zurück, auf dem noch immer die Slideshow eure Highlights mit fetzigen Überblendungen präsentiert. Ein weiteres Mal nimmst du die geschriebenen Zeilen zur Hand. Kaum du kannst deine Handschrift entziffern, obwohl du mit dem rührseligen Inhalt in der jetzigen Verfassung durchaus zufrieden bist.

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Der letzte Schritt

Besinne dich noch einen kurzen Moment, schau dich um und vollführe den letzten Schritt: Zerreiße den Brief vollständig und lass alles im Mülleimer verschwinden. Genau, vernichte all das, was du so mühselig und mit aufkommendem Schädel verfasst hast. Warum?

Du hast alles gesagt, was in emotionalen Momenten nicht zurück zu halten ist. Du hast blumig umschrieben, Schuldzuweisungen unternommen und gönnerhaft ihr ihre Freiheit zurückgegeben. All das, was in solch einer Lage falsch ist.

Jetzt, wo diese ungesagten Dinge nicht mehr deine Gefühle belasten, steht dir der einzig richtige Weg offen: Triff dich ein letztes Mal mit deiner Ex und sprich dich sachlich mit ihr aus. Denn nichts ist ehrlicher als die letzten Worte persönlich mitzuteilen – und der Funke Hoffnung auf einen Neuanfang fängt vielleicht noch einmal Feuer!

Falls es dich doch übermannt und du dich eher für die schriftliche Variante entscheiden willst, hilft dir das folgende Video die richtigen Worte zu finden. Ohne Rotwein, ohne Kerzenlicht.

Constantin Jacob

Wenn der Wahl-Hamburger seine Zeit nicht gerade berufsbedingt mit Filmsichten verbringt und über Marketingaktivitäten kommender Kinostarts grübelt, widmet er sich er als Freiberufler dem Texten und Schreiben.