Die japanische Stadt Kamikatsu recycelt bereits rund 80 Prozent ihres Abfalls, strebt aber bis 2020 noch ein viel krasseres Ziel an: 100 Prozent. Wie das gehen soll?
45 verschiedene Kategorien für den Müll und jeder der 1.500 Einwohner bringt ihn selbst zur Abfuhr. So geht’s im Westen Japans zu und her!
Was den Startschuss gab
Kamikatsu war eine ganz normale japanische Stadt. Es gab zwar Mülltrennung, aber nur wenige Kategorien, wobei ein Großteil des Mülls schließlich in der Verbrennungsanlage landete. Im Jahr 2000 wurde der Stadt dann befohlen, eine ihrer zwei Verbrennungsanlagen stillzulegen, weil sie den Abgasregeln nicht mehr entsprach. Da blieb nur noch eine übrig und es war unmöglich, den ganzen Müll damit zu verbrennen.
Weder Geld für eine neue, noch für die Bezahlung der Nachbarstadt stand zur Verfügung. Was nun? „Wir dachten: Wenn wir in der Stadt keine Abfälle verbrennen können, dann lasst uns recyceln. Es ist billiger, Abfall zu recyceln, als ihn zu verbrennen“, erklärt der Stadtbeamte Midori Suga.
Alles hat seinen Platz
„Ja, es ist kompliziert“, so Naoko Yokoyama, eine 39-jährige Bewohnerin, die ihren Müll gerade in das Müllzentrum der Stadt gebracht hatte. „Ich bin aber viel umweltbewusster geworden, seit ich vor einem Jahr nach Kamikatsu gezogen bin“
Die Kategorien für das Recycling reichen in Kamikatsu von Kissen bis zu Zahnbürsten. Dabei kann der Prozess wirklich nervig sein, denn es gibt nicht nur Dutzende von verschiedenen Kategorien, sondern Artikel wie Plastiktüten und -flaschen müssen gewaschen und getrocknet werden. Zudem müssen die Bewohner ihre gemischten Artikel demontieren und jedes Teil in den passenden Container werfen. Wieso?
Weil die Stadt ein klares Ziel vor Augen hat: Bis zum nächsten Jahr wollen sie all ihre Abfälle recyceln und nichts mehr in die Verbrennungsanlage bringen.
Plastik über Plastik: Gibt es Hoffnung?
Die japanische Nation produziert zwar weniger allgemeine Abfälle pro Person als die meisten entwickelten Länder, aber sie erzeugt trotzdem mehr Plastikabfälle pro Kopf als irgendwo auf der Welt – nur die Amis haben hier noch die Nase vorn. Früher wurde ein Teil der Kunststoffe zum Recycling nach China exportiert. Nach dem Importverbot von Peking hat sich jetzt Kunststoff in verschiedenen Teilen Japans angesammelt.
Der Leiter des Abfallzentrums Kazuyuki Kiyohara erklärt, dass Plastik die Mehrheit der Abfälle der Bewohner ausmacht. Trott des aktuellen Plans gibt es kaum eine Reduzierung des Konsums.
„Unser Lebensstil hängt hauptsächlich vom Kunststoff ab“, so der 38-Jährige und fügt hinzu: „Die Verbraucher können Kunststoffabfälle bis zu einem gewissen Grad reduzieren, aber wir werden immer noch Abfälle haben, wenn die Hersteller weiterhin Kunststoffprodukte herstellen.“ Deshalb schlägt die japanische Regierung vor, dass die Einzelhändler für Plastiktüten ab 2020 Gebühren erheben sollten. Eine Maßnahme, die weltweit schon weit verbreitet ist.
Das Ziel ist schon in Sichtweite
Kamikatsu war schon fleißig: Gut 80 Prozent der 2017 produzierten 286 Tonnen Abfälle werden recycelt, weit mehr als Japan im Durchschnitt schafft – rund 20 Prozent. Das ist wirklich toll, aber nicht alle Bewohner denken, dass die Initiative auch anderswo funktionieren könnte.
„Es klappt, weil wir hier nur 1.500 Menschen sind“, ist Yokoyama, die aus Kyoto weggezogen ist, überzeugt. Sie fügt hinzu: „Es wäre schwierig in einer Großstadt mit einer größeren Bevölkerung.“
Der Stadtbeamte Suga kämpft aber dafür, dass zumindest Kamikatsu seinen Abfall auf null senken wird – ganz egal, was die anderen Städte tun. Gut so! Nutzen könnte er dafür z.B. eine Mülltonnenbox.