Eiskalte Banden-Kriege: NHL 19 von EA jetzt im Test

Lohnt sich der neue Lizenztitel von Electronic Arts (“EA”) oder ist es doch wieder nur ein völlig überteuertes DLC mit Kader-Updates? Diese Frage muss man sich ja bei den regelmäßig erscheinenden Sportspielen immer stellen.

Also hab ich mal die eine Scheibe eingelegt, um eine andere Scheibe spielen zu können und es heraus gefunden. Zumindest für mich gab es eine Neuerung: Beim Zuspiel zeigen farbige Pfeile die Richtung an, wo mein freier Spielkamerad gerade unterwegs ist, bzw. wie der Puck aufs Tor gehen wird.

Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht mehr sicher sagen kann, ob es das bei den Vorgängern schon gab, da ich es dann garantiert – wie hier auch – gleich mal deaktiviert habe. Offenbar ist es aber standardmäßig an – oder meine PS4 dachte sich: “Oh Gott, der schon wieder. Der braucht jede Hilfe, die er kriegen kann.” Das Skating hat sich im Vergleich zum Vorgänger verbessert und auch die Steuerung hat offensichtlich hier und da eine Feinjustierung bekommen.

Oder ich bin inzwischen unfassbar gut mit den Skill-Sticks geworden. Allerdings hat sich diese Hoffnung in der Online-Competition nicht zwingend bestätigt, also liegt es wohl doch an der Engine. Schnell aufgefallen ist mir, dass sich an den Poke Checks einiges getan hat. Nicht etwa, dass sie effektiver wären, nein, man bekommt viel schneller nun die Möglichkeit, seine Unterzahl-Skills zu testen. Gefühlt wird spätestens jeder zweite gepfiffen. Aber wer nicht poken kann, muss einfach die Einstellungen ändern, dass nicht jeder Fehlgriff gleich 2 Minuten Strafe kostet.

Gameplay: What the Puck is wrong with you?

Was man nicht ändern kann, sind die fast schon traditionellen fragwürdigen Animationen, die in manchen Spielszenen entstehen. Das wird EA wohl nie auf die Reihe bekommen. Aber unter uns: Teilweise wollen wir doch genau diese Fails sehen, oder? Weil wir gerade beim Thema sind: Die Fans bewegen sich immer noch alle gleich. Also schaut nicht zu viel auf die Hintergründe. Auf die Entwickler-Strafbank gehört jedoch das Balancing. Dies ist vor allem in der Defense noch nicht ganz ausgereift, was einem echt Nerven kosten kann.

Gott sei Dank bin ich ein sehr gelassener und entspannter Spieler und habe in den ersten vier Tagen lediglich zwei Controller zerbissen. Der Eindruck ist übrigens nicht subjektiv, denn in diversen Foren haben sich auch schon andere User darüber beschwert. Für diejenigen, die einst lieber “Hockey Manager” gespielt haben, gibt es immerhin noch gute Nachrichten: Das Scoutingsystem ist jetzt richtig geil!

Jetzt kann man noch gezielter und strategischer vorgehen – oder wie ich das ganze auf Automatik stellen. Für “Tüftler” ist es aber garantiert eine Bereicherung. Ist den typischen Modi hat sich ansonsten nicht viel geändert und man könnte meinen, es würde sich nicht zwingend lohnen, sich NHL 19 zu holen. Aber euch Zamboni-Fahrern sei gesagt, ihr liegt falsch. Denn mein persönliches Highlight gebe ich nun Kund und es steht unter dem Motto:

Back to where we started from

Wer jetzt die Anspielung in dieser Zwischenüberschrift kapiert, gehört übrigens zu den coolen Dudes. Aber zurück zum Thema: Arcade ist zurück. Aber Vollgas. Einen ganz besonderen Reiz macht der neue Spielmodus “World of Chel” aus, der im Grunde aus teils bekannten und neuen Minispielen besteht.

Wie haben die meisten von uns die winterliche Freizeit am liebsten genutzt? Nicht etwa in der völlig überbuchten Eishalle, wo es schon verboten war, gegen den Uhrzeigersinn zu skaten – nein – die zugefrorenen Seen und Weiher waren das Highlight der Hockeyfans. Dicker Pulli oder Jacke mit Fantrikot drüber, Bommelmütze und Omas Strickhandschuhe. That’s the real thing. Und um so mehr freut man sich, in diesem Look dann 3 gegen 3 zwischen Sträuchern und Bäumen im Hintergrund spielen zu können. Das Gameplay sieht dann so aus:

Es erinnert etwas an das meiner Meinung nach unterhaltsamste Hockeygame aller Zeiten “NHL 3-on-3 Arcade”, das man einst für nen Fünfer auf der PS3 schießen konnte – und es jeden Cent Wert war. Zwar fallen hier keine Fun-Items von der Decke, die einen Gegenspieler kurzzeitig in einen Eisblock verwandeln, den gegnerischen Goalie auf Dackelgröße schrumpfen lassen oder einem einen Raketenschlagschuss verpassen, der jeden, der in der Flugbahn steht, aus dem Leben zu ballern scheinen, aber eine Sache ist doch gleich: Es gibt keine Regeln.

Bein stellen, Gegner umwuchten oder ihn von hinten mit der Bande verschmelzen lassen – kein Problem. Lediglich ganz grobe Schnitzer direkt vorm Tor werden noch gepfiffen. Dieser Modus macht unfassbar viel Spaß und dank der obligatorischen “Bastle dich selbst ins Spiel”-Option, kannst du deinen virtuellen Mini-Me steuern und Tore schießen lassen.

Zockt das mal eine Stunde lang. Und wer dann nicht Bock darauf hat, die Thermoskanne mit Früchtetee zu füllen und Plätzchen einzupacken, um mit seinen Freunden ein paar Stunden den See zu zerkratzen, der hat sein inneres Kind erfolgreich in die geistige Babyklappe abgeschoben. Ich für meinen Teil war so freudig erregt, dass man wohl eine Strafe wegen “hohem Stock” aussprechen hätte können.

“EA” steht auch für “Extra Abkassieren”

Etwas nervig, aber bei EA-Spielen nun einmal Standard, ist der Ultimate-Team-Mode. Dort kann man sich, wie bei FIFA und Madden, aktuelle und ehemalige Spieler dank Challenges oder Kreditkarte ergattern und damit sein eigenes Fantasy Team nach oben leveln. Der Spielmodus hat genau eine Funktion: Geld zu machen. Leider scheint das zu funktionieren und somit werden diese “Kauf mich”-Varianten in Vollpreistiteln vorerst weiterhin erhalten bleiben.

Auch dann scheinbar, wenn das Preis-Leistungsverhältnis – so wie hier – einfach lächerlich schlecht ist. Ansonsten macht EA mit NHL 19 verdammt viel richtig, bügelt Fehler der Vorgänger aus (nicht alle, keine Frage) und lohnt sich für Fans der Serie. Vor allem, dass ein Hauptaugenmerk auf Arcade-Modi gelegt wurde, hat mein Gamer-Herz sofort gepackt. Das ist Gaming in Reinform und konzentriert sich wieder auf das, was diese Popkulturform zum Erfolg geführt hat: Fun.

Der pure, reine Spielspaß. Wer fragt denn bitte nach realistischen Animationen linker Augenbrauen in Nahaufnahmen, wenn er einen Gegner aus den Schlittschuhen checken kann? Und ich stehe drauf, wenn Maskottchen einen Auftritt hinlegen, wie Profi-Wrestler. Mehr davon, EA!

Marcolatur

Marco Schimpfhauser ist jeweils ausgebildeter Journalist und Fotograf und hat eine fast schon übertriebene Leidenschaft für Podcasts, PlayStation und Popcorn-Kino.