Vertical Farming: Bauernhof oder Spaceship?

High-Tech Farmen in Großstädten könnten die Zukunft unserer Lebensmittelversorgung werden.

Mit einer rasant steigenden Weltbevölkerung rückt der Bedarf an nachhaltig und effizient produzierten Lebensmitteln immer stärker in den Fokus. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche pro Person wird, der Klimawandel lässt grüßen, stetig kleiner.

Bereits heute sind es gerade einmal 11 % der Erdoberfläche auf denen Nahrung für den Menschen erwirtschaftet werden kann. Länder mit besonders hoher Bevölkerungsdichte wie Japan und Singapur scheinen jedoch bereits eine Lösung gefunden zu haben. Am Ende dieses Artikels haben wir dazu auch noch ein Video für dich. 

In die Höhe statt in die Breite

Vertical Farming – wie der Name schon sagt – bedeutet Anbau in vertikalen Ebenen, anstelle von traditionellem horizontalen Anbau. Da dies meist in geschlossenen Gebäuden geschieht, können wichtige Faktoren wie Licht, Temperatur und Bewässerung stetig kontrolliert sowie angepasst werden. Ganz nach dem Geschmack der gerade angebauten Pflanzen. Jahreszeiten und schlechtes Wetter gibt es in Lagerhallen nicht.

Um wachsen zu können brauchen Pflanzen Licht, Atemluft, Wasser und Nährstoffe. All dies kann perfekt auf die Pflanze zugeschnitten vom Menschen bereitgestellt werden. Licht aus LEDs, Atemluft durch effiziente Belüftung.

Zur Wasser- und Nährstoffversorgung wird der Faktor Erde umgangen und es wird direkt eine Nährlösung genutzt. Im Boden lebende Schädlinge, die im Freiland häufig zu Ernteausfällen führen, haben so keine Chance.

Auf Pflanzenschutzmittel wie beispielsweise das umstrittene Glyphosat kann, in dem vor Schädlingen geschützten und abgeschlossenen System, gänzlich verzichtet werden. Aufgrund der sterilen Bedingungen muss dort gewachsener Salat und Co. nicht einmal vor dem Verzehr gewaschen werden.

Grüner wird’s nicht

Die Zukunft Deutschlands liegt im urbanen Raum, denn es zieht immer mehr Menschen in die Städte. Geographisch entfernen wir uns so stetig vom Produktionsstandort unserer Lebensmittel.

Lange Transportwege bedeuten nicht nur hohe CO2-Emissionen, auch der Geschmack und die Nährstoffdichte der Produkte leiden.

Während viele Wirtschaftszweige von zunehmendem Outsourcing in Niedriglohnländer betroffen sind, stehen zahlreiche Fabrikgebäude und ausrangierte Lagerhallen leer. Oft trotz zentraler Lage in der Innenstadt. Diese Gebäude können in riesige urbane Gewächshäuser umgewandelt werden und die direkte Nachbarschaft mit frischen Lebensmitteln versorgen.

Auch in kleinem Maßstab gibt es bereits interessante Konzepte.

Vorreiter hierfür, wie in so vielen Dingen, ist Berlin. Dank des Startups Infarm kann man dort schon jetzt Vertikale Farmen im Kleinformat in Supermärkten und Restaurants finden – frischer geht es kaum.

Wer über das nötige Kleingeld verfügt, hat die Möglichkeit sich für knappe 3.000 Euro einen „Plantcube“ von Agrilution direkt in die Küche zu stellen. Von automatisierter Bewässerung über sensorgesteuerte Klimakontrolle funktioniert hier alles wie im Großformat, grüner Daumen inklusive. 

Wo ist der Haken beim Vertical Farming?

Vertical Farming produziert also mehr Lebensmittel auf kleinerer Fläche als im traditionellen Anbau. Verbraucht weniger Wasser, kommt ohne Pestizide aus, ist regional und deutlich frischer als herkömmliche Produkte.

Dieses innovative Konzept hat also viele Vorteile ABER verbraucht durch den Einsatz von strombetriebenen Technologien und dem fehlenden Sonnenlicht signifikant mehr Energie als konventionelle Landwirtschaft. 

Neben Licht, werden in unseren Breitengraden vor allem die Regulierung der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur zu Buche schlagen.

Das Ziel der Farmen ist es optimale Bedingungen zu schaffen und den Pflanzen ein stressfreies Leben zu ermöglichen. So wachsen sie deutlich schneller als im Freiland. Fällt jedoch aller Stress weg, entwickeln die Pflanzen weniger sekundäre Pflanzenstoffe. Diese sichern der Pflanze aber nicht nur das Überleben, sondern sorgen in vielen Fällen auch für einen intensiven Geschmack und sind für die menschliche Ernährung unerlässlich. Denn sekundäre Pflanzenstoffe, wie zum Beispiel Carotin, haben viele gesundheitsfördernde Eigenschaften und können sogar Krebs vorbeugen. 

Dies sind sicher nur zwei von vielen Herausforderungen, die auf das Vertical Farming zukommen werden. Doch es ist zu vermuten, dass insbesondere für die Energieproblematik zügig Lösungen gefunden werden können. Konzepte wie die Nutzung von Solarmodulen auf den Dächern der Hallen und dem Recyceln des Wassers werden bereits von einigen Farmen angewendet.

Eines ist sicher, die Lebensmittelversorgung der Menschheit wird zu einem wachsendem Problem und wir sind auf innovative Ideen angewiesen. Vertical Farming hat eindeutig Potential ein Teil der Lösung zu sein und es lohnt sich diesen Trend aufmerksam zu verfolgen.