Computerspiele machen dumm. Sagen zumindest die einen. Die anderen behaupten, Computerspiele machen uns klug. Aber wo liegt denn nun die Wahrheit?
Darauf gibt wohl jeder eine gefühlte Antwort, doch es gibt auch knallharte Wissenschaft, die sich mit Gaming und den Folgen für unsere Gehirne beschäftigt – mit erstaunlichen Ergebnissen.
Jeder hat eine Meinung zu Computerspielen
Natürlich werden Computerspielbegeisterte nicht zugeben wollen, dass Gaming negative Konsequenzen haben kann. Genauso wenig wird die genervte Freundin sich eingestehen, dass ihr zockender Freund etwas Mentaltraining betreibt, wenn er zum Controller greift.
Genau deshalb muss diese Frage aus den Kommentar-Sektionen bei Facebook oder YouTube rausgeholt werden. Dort wimmelt es von Pseudo-Wissen und verletzten Egos. Eigentlich schade, weil die Wissenschaft eine ganze Menge zu dem Thema zu sagen hat. Dabei stützt sie sich auf objektive Verfahren und bringt die Fakten in die Wohnzimmer der Spieler.
Wann macht Zocken klug?
Matthias Horx erklärte bereits im Jahr 2005, dass Computerspiele wichtige Fähigkeiten schulen, die in Zukunft für die Wirtschaft wichtig sein werden. Damit hat er seinem Job als Zukunftsforscher alle Ehre gemacht, denn heute ist technisches Verständnis und stetiger Zugang zum Internet ein Teil aller Gesellschaftsgruppen und für so gut wie jeden Job Voraussetzung.
Besonders Strategiespiele werden von ihm und anderen Forschern immer wieder als hervorragende Lehrmittel genannt. Je komplexer das Spiel, umso anspruchsvoller sind die Aufgaben, die unsere Gehirne beim Spielen bewältigen müssen.
Taktik, Teamwork und schnelles Handeln sind wichtig, um in Multiplayer-Rollenspielen erfolgreich zu sein. Aber auch räumliches Denken kann gefördert werden, sowie die Fähigkeit, sich auf eine spezielle Aufgabe zu konzentrieren.
Diese positiven Effekte werden sowohl bei regelmäßigen Spielern festgestellt, als auch bei Neulingen und Anfängern. Dabei ist es ja auch ganz logisch, dass die Hirnregionen, die häufiger gefordert auch gleichzeitig gefördert werden.
Übrigens: Wer echten Spaß hat, regt sein Gehirn zum Lernen an. Somit ist es vom Vorteil, wenn ihr richtig im Spiel drin seid, euch mit Freunden trefft oder sogar eine feste Zeit am Tag oder in der Woche habt, die nur für das Gaming reserviert ist – ihr wollt doch maximale positive Effekte haben, nicht wahr?
Was sind die negativen Folgen des Computerspielens?
Ganz klar, wenn das Spiel zur Sucht wird. Die beschriebenen positiven Effekte müssen vernachlässigt werden, wenn das Leben des Spielers nicht mehr in geordneten Bahnen verläuft. Beispiele für krankhaftes Verhalten sind:
- vollständig auf das Spiel ausgerichteter Tagesablauf
- vernachlässigen von Schule, Studium oder Arbeit
- negative Auswirkungen auf das Sozialleben
- Schlafmangel
- mangelhafte Ernährung
- Ausgeben von großen Summen für computerspielbasierte Anwendungen
Zeigen Spieler dann noch aggressives Verhalten, wenn sie nicht spielen können, dann muss von einer Sucht gesprochen werden. In diesem Fall kann der Gang zu einem Psychologen oder zu einer Fachstelle für Medienabhängigkeit ein guter Anfang sein.
Relativ jung sind die Studien, die zeigen, dass bei Spielern die sogenannte Graue Substanz im orbitofrontalen Kortex reduziert wird. Wie genau sich das auf die Menschen auswirkt, wird noch heftig diskutiert. Allerdings hilft diese Graue Substanz bei der Kontrolle von Emotionen und reguliert unsere Moralvorstellungen – daher vermuten einige, dass Computerspiele uns abstumpfen lassen.
Im gleichen Jahr überprüfte eine Studie von der Universität Hannover genau diese Theorie und fand keine signifikanten Unterschiede zwischen Spielern und Nicht-Spielern, wenn es um Empathie geht.
Erwähnt werden muss an dieser Stelle auch, dass in früheren Studien gezeigt wurde, dass ältere, an Demenz erkrankte, Personen ihre Graue Substanz durch das Spielen von Super Mario 64 wieder erhöhen konnten.
Sind Computerspiele nun gefährlich oder nicht?
Weder noch. Wie mit allen guten Dingen in unserem Leben, ist die Gefahr, sich in ihnen zu verlieren und eine Sucht zu entwickeln, ziemlich hoch. Für die meisten von uns, die gerne gelegentlich eine Runde zocken, besteht allerdings keine Gefahr.
Ganz im Gegenteil, wir fördern unsere kognitiven Fähigkeiten, arbeiten an Strategien und lernen vielleicht sogar, besser im Team zu arbeiten. Was viele reißerische Überschriften nämlich vergessen ist, dass es nicht entweder oder heißen muss.
Für die Wenigen, für die Computerspiele zur Gefahr werden, muss Hilfe angeboten werden. Gleichzeitig für alle, die ihre Leidenschaft beim Gaming gefunden haben, eine große Panik ausrufen? Totaler Unsinn.
Und jetzt entschuldigt uns, wir gehen eine Runde zocken – oder wie sagt man auch? – wir gehen eine Runde unsere kognitiven Fähigkeiten fördern.