Was bedeutet für dich Motivation?
Gute Frage, nächste Frage. Jeden Tag aufzustehen und besser zu sein als man gestern war. Das ist eigentlich meine Motivation.
Ich habe für jeden Tag gewisse Vorstellungen, was im Training passieren soll und was ich umsetzten möchte. Bei meiner Sportart gibt es immer etwas zu tun: Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Technik, Taktik. Ich habe immer irgendeine Baustelle, an der ich arbeiten und in der ich mich verbessern kann. Man ist nie perfekt, man lernt immer und das ist meine Motivation.
Hat sich deine Motivation von früher zu heute verstärkt?
Mit 13 oder 14 Jahren kommt der Zeitpunkt, an dem man sich entscheiden muss. Für den Leistungssport oder für ein „normales Leben“, in dem Sport nur ein Hobby ist und nicht der Lebensmittelpunkt. Ich hatte ein paar Gespräche mit meiner Familie und daraus ging hervor: Wenn ich Leistungssport mache, betreibe ich dies mit sämtlicher Konsequenz, sodass der Leistungssport der Mittelpunkt meines Lebens ist. Dafür habe ich mich letztendlich auch entschieden. Deswegen bin ich dann auch nach Berlin gezogen.
Wann bist du nach Berlin gezogen?
2010. Ich hatte 2008 mein Abitur gemacht. Ein Jahr habe ich in Sindelfingen am Olympiastützunkt nur Sport gemacht, habe keine Ausbildung oder ein Studium angefangen. In diesem Jahr hat mich meine Familie unterstützt, besonders auch finanziell. Und ich hatte Sponsoren.
Wie fing deine Karriere an?
In Baden-Württemberg ist es sehr schwierig gewesen, gute Trainingsgruppen zu finden. Ich wurde immer besser und besser und irgendwann waren meine Trainingsgruppen nicht gut genug. Meine Eltern haben mich immer unterstützt und sind dann auch ziemlich weit mit mir zum Training gefahren. Wir saßen teilweise länger im Auto, als dass ich trainiert habe. Bis zu 100km nach Stuttgart oder Sindelfingen und das zwei bis drei Mal die Woche, nur damit ich mein Training absolvieren kann. Sie haben sehr viel Zeit und sehr viele Mühen auf sich genommen, um mich zu unterstützen.
Mein Ziel war es Leistungssport zu betreiben und diese Entscheidung kam von mir. Sie haben mich auf meinem Weg begleitet und mich dabei unterstützt und dafür bin ich wirklich dankbar.
Was waren deine größten Erfolge?
U20 Vizeuropameister, U23 Europameister, bei den Männern zwei 7. Platze und einen 5. Platz bei Europameisterschaften, zwei Teilnahmen bei Weltmeisterschaften und letztes Jahr Platz 3 bei der Universiade
Über welchen Erfolg hast du dich am meisten gefreut?
Ja gut, das ist schwer zu sagen. Der deutsche Meistertitel 2011 war schon etwas Schönes.Mittlerweile bin ich schon vier Mal Deutscher Meister geworden, aber mein erster war der Schönste.
Die Olympischen Spiele in Rio sind vor Kurzem zu Ende gegangen. Bist du sehr enttäuscht, nicht dabei gewesen zu sein und was denkst du woran es lag?
Klar, du opferst deine Zeit, deinen Schweiß und dein Blut. Du trainierst wie ein Wahnsinniger für dieses große Ziel Olympische Spiele und dann bist du einfach nicht gut genug oder besser gesagt, ein anderer war besser als du selbst. Ich bin froh, dass Deutschland so viele starke Männer in dieser Gewichtsklasse hat. Ich bin niemand der sich darüber aufregt. Es ist schon ein wenig enttäuschend. Aber du, das dauert fünf Minuten und dann sagt man sich: `Ok, es geht weiter. ́ Zeigt ja, dass ich noch ein bisschen mehr zu tun habe, um auch auf dieses Niveau zu kommen.
Ich war einfach nicht gut genug, bei uns istauch nur ein einziger Mann pro Gewichtsklasse zu den Spielen gefahren. Und dann ist dieser eine Platz eben sehr heiß umkämpft.
Der Druck durch die Umstände des Leistungssports ist sehr hoch. Sei es durch Förderungsmaßnahmen, deinen Arbeitgeber, die Trainer, vielleicht sogar Familie, Freunde oder dich selbst. Wie gehst du damit um?
Für was denn Druck machen? Was würde Druck denn bringen? Garnichts. Also ich sehe das gar nicht als Druck, das ist ja meine Entscheidung. Ich hab mich dafür entschieden, also bin ich der einzige, der mich unter Druck setzen kann.
Familie und Sponsoren, das sind alles Leute, die mich auf meinem Weg unterstützen, die mir zu Seite stehen und mir helfen, aber niemals Druck auf mich ausüben oder auch ausüben könnten.
Wenn ich heute keine Lust habe, dann habe ich keine Lust. Das muss ich dann mit mir ausmachen. Ich muss da niemandem Rechenschaft schuldig sein. Es ist ja mein Körper, ich kann am besten sagen, ob mir das Training heute etwas bringt, ob ich mich heute gut fühle oder ob es mir heute nichts bringt, wenn ich auf die Matte gehe.
Du wirst dieses Jahr 28 Jahre alt. Mit Bezug auf die nächsten Olympiaspiele in Tokio: Wie lange möchtest du noch Leistungssport betreiben?
Die Altersgrenze beim Judo würde ich jetzt gar nicht so niedrig setzen, wie in manchen anderen Sportarten. Wenn man jetzt an die letzten Spiele denkt: Ole Bischoff, Andreas Tölzer, Dimitri Peters. Das sind alles Leute, die schon über die 30 hinweg sind und sie haben trotzdem noch Medaillen geholt. Die Spiele in Tokio sind eine Option, welche ich mir noch offen halte.
Wann geht die Qualifikation los?
2 Jahre vorher.
Du musst ja dann dauerhaft fit sein.
Genau, ich haben keine Saison und wir müssen 365 Tage im Jahr fit sein.
Wie schaut es mit der Regeneration aus?
Klar, man muss sich regenerieren. Gerade wenn man krank ist oder verletzt. Man muss sich auskurieren. Zu früh anzufangen, das geht überhaupt nicht. Sonst verschleppt es sich und wird schlimmer. Man hat ja auch immer noch ein Leben nach dem Sport. Da sollte dein Köper ja eigentlich auch fit sein und nicht unter den Folgen des Sports leiden.
Man plant sich seine Pausen, passend zu den Höhepunkten im Jahr, ein.
Du studierst ja nebenbei Verfahrens- und Umwelttechnik an der mit dem Olympiastützpunkt kooperierenden Beuth-Hochschule. Warum studierst du und bist nicht ausschließlich bei einem der sportlergerechten Arbeitsplätze, die angeboten werden?
Vom Sport allein kann man in Randsportarten selten sein Leben leisten. Man muss schauen, wie man sich finanziert und wie man sich über Wasser halten kann. Ich habe mir eben irgendwann die Vorstellung gesetzt: Wenn ich arbeite, möchte ich mir die Dinge, die ich mir wünsche, leisten können, ohne aufs Geld zu schauen. Heutzutage funktioniert das meist ja nur noch, wenn man einen akademischen Grad erworben hat und deswegen gab es für mich auch keine Diskussion nach dem Abi.
Ich bin ja momentan in den letzten Zügen meines Bachelors und ich will auf jeden Fall den Master anhängen.
Und wenn ich den Master habe, schaue ich erst einmal, wie weit es noch bis zur Olympiade in Tokio 2020 ist. Und spätestens nach 2020 fange ich an zu arbeiten. Sollte ich ja dann auch langsam mal mit 32 Jahren. Man kann ja nicht sein ganzes Leben lang nur Sport machen.
Beschreibe einmal deinen Tages- und Wochenablauf. Wie bekommst du alle deine Aufgaben unter einen Hut?
Der Wochenablauf ist ein so gut wie vorgegeben. Ich habe einen kompletten Tages-Trainingsplan. Wir Sportler haben meistens von Montag bis Freitag zwei Einheiten. Eine vormittags, das sind meist die Kraft-/ Ausdauer- und Koordinationssachen, eine nachmittags, das sind dann die wettkampfnahen- oder Technikeinheiten. Mittwochs ist unser Ruhetag, an dem da haben wir nur eine Einheit vormittags. Der Nachmittag ist frei für Regeneration, Physiotherapie oder Arzttermine. Man belastet seinen Körper im Sport ja auch ein bisschen und muss dagegen etwas tun.
Freitags haben wir manchmal auch nur eine Einheit. Immer dann, wenn samstags ein Wettkampf stattfindet. Und samstags und sonntags sind meistens Wettkämpfe. Dazwischen baue ich dann mein Studium ein. Und eben wenn es möglich ist, noch meine Hobbys.
Training geht aber auf jeden Fall vor!
Was für Hobbys hast du denn?
Manche Leute sind ja mit ihrem Studium schon so eingespannt, dass sie kaum Zeit haben und die freien Minuten, welcheich dann ab und zu habe, die genieße ich dann einfach mit nichts tun, auf dem Sofa liegen und Musik hören oder soziale Kontakte pflegen.
Hast du Motivationstipps für die Leser um eine erfolgreiche Karriere zu bestreiten?
Wenn du fällst, steh wieder auf, denn der Boden ist dreckig!
Manchmal tut es weh, manchmal ist es schwierig. Aber jedes Problem vor dem du stehst, hat eine Lösung, du musst diese nur finden. Für dich selbst. Und wenn es allein nicht geht, dann mit externer Hilfe.
Mein Motto ist: Es gibt keine Probleme, es gibt nur Lösungen. Ich kann alles schaffen.
Jeder hat bestimmt sein Lieblingslied zum Training, habe ich ja auch, manchmal ist Musik ein guter Taktgeber fürs Training.
Hör dir dein Lieblingslied an, oder irgendetwas was deine Stimmung hebt. Dann läuft alles besser. Und wenn dir nicht nach einem Lächeln ist, zwing dich dazu. Gehe immer mit einem Lächeln ins Training, denn danach geht es dir auf jeden Fall gut.