In den USA gelten im Internet ab sofort neue Spielregeln. Das im Dezember letzten Jahres von der „Federal Communications Commission“ (FCC) beschlossene „Ende der Netzneutralität“, tritt heute in Kraft.
Das Ziel dieses Beschlusses war es ironischerweise das Internet freier zu machen. Gemeint war: Frei von staatlichen Richtlinien. Das birgt weniger Vorteile für den Verbraucher, als vielmehr für große amerikanische Netzanbieter wie Verizon oder AT&T.
Heruntergebrochen bedeuten die neuen Regeln, dass Internet-Provider theoretisch bestimmte Inhalte blockieren oder hinter einer Paywall verstecken könnten. Bisher wurden alle Daten gleich behandelt. Jemand, der den ganzen Tag Filme streamt, zahlt also nicht mehr als jemand der ausschließlich auf sozialen Netzwerken unterwegs ist. Nun ist aber vorstellbar, dass man bestimmte Inhalte nur gegen einen Aufpreis aufrufen kann. Ein Video, das die möglichen Folgen genauer erklärt, findet ihr weiter unten.
Internet als Druckmittel
In Amerika sind relativ wenige Internet-Provider auf ein riesiges Gebiet (etwa 28-mal größer als Deutschland) verteilt. In vielen Ortschaften sind die Menschen deshalb auf einen einzigen Provider angewiesen.
Erhöht dieser seine Preise, heißt es brav gehorchen oder auf Internet verzichten. In einer Gesellschaft, in der ein überwältigender Großteil auf das Internet angewiesen ist, ist ein solcher Verzicht jedoch für die meisten unvorstellbar.
Angeleitet von Ajit Pai, der mittlerweile einer der meist gehassten Personen in Amerika ist, stimmten im vergangenen Jahr nur fünf Personen über die Zukunft des Internets ab. Zurecht ging ein kollektiver Aufschrei durchs Internet. So gut wie jede Website rief ihre Nutzer dazu auf, sich bei ihren jeweiligen Senatoren und Repräsentanten zu beklagen. Die Bemühungen blieben jedoch bislang erfolglos.
Noch ist aber nicht alle Hoffnung verloren. Mithilfe des „Congressional Review Acts“ (CRA), hat der Kongress die Möglichkeit die Entscheidung der FCC zu annullieren. Hierzu muss im Senat und im Repräsentantenhaus jeweils eine einfache Mehrheit erreicht werden.
Außerdem arbeitet eine Koalition von 23 Staatsanwälten an einer Klage, die den Beschluss der FCC für illegal erklären soll. Bis auf weiteres bleiben die beschlossenen Änderungen jedoch aktiv.
Die Netzneutralität stirbt einen langsamen Tod
Natürlich werden die Provider ihre Kunden nicht augenblicklich mit neuen Vertragskonditionen überrumpeln. Vielmehr werden die Änderungen schleichend und Stück für Stück kommen.
Einen ersten Hinweis darauf lieferte Comcast, einer der größten amerikanischen Internet-Provider. Klammheimlich entfernten sie das Versprechen, keine bezahlten „Überholspuren“ einzuführen, von ihrer Website.
Die Netzneutralität war in den USA seit Jahren ein grundlegender Bestandteil der Freiheit und Chancengleichheit im Internet. Obama führte die Regeln in der „Open Internet Order 2010“ ein, als die FCC noch unter demokratischer Führung stand.