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Kinos in Deutschland stehen unter Druck. Eigentlich unglaublich, wenn man bedenkt, dass Avengers Endgame – ein Film aus dem Jahr 2019 – gerade Platz 1 im Ranking der erfolgreichsten Kinofilme eingenommen hat.
Trotzdem müssen besonders kleine Kinos immer häufiger schließen und selbst die großen Namen halten sich mit Erfolgsmeldungen eher zurück. Ist die Gefahr der ausbleibenden Besucher für Kinobetreiber ein Problem oder eine natürlich Folge der technischen Entwicklung?
Mit Beispielvideo am Ende!
Konkurrenz für Kinos
Zwei große Konkurrenten lassen sich für das Kino finden und sie hängen auch direkt miteinander zusammen: das Heimkino und die Streaming-Dienste. Hand in Hand drängen sie seit Jahren das Kino zurück und es ist kein Ende in Sicht.
Der technische Fortschritt ist für uns alle im Normalfall ein Segen. Um richtig guten Sound im Wohnzimmer zu bekommen, musste man früher zum Experten gehen und viele tausende Euro ausgeben. Heute bekommt man in jedem Fachmarkt für ein paar hundert Euro schon eine richtig gute Anlage.
Ähnlich verhält es sich natürlich mit den Bildschirmen, auf denen wir Filme und Serien gucken. Jedes Jahr werden sie größer und besser. Viele Menschen haben in ihrem Garten mittlerweile eine kleine Leinwand und einen Projektor stehen und können sich so ihr eigenes Kino basteln.
Dazu kommt das wahnsinnig große und ständig verfügbare Angebot, das uns per Klick geliefert wird. Die neuesten Blockbuster gibt es zwar nach wie vor nur im Kino, aber alles andere ist mittlerweile on demand verfügbar.
Kombiniert man also Netflix mit einer mittlerweile erschwinglichen Heimkinoanlage, überlegt man es sich zweimal, ob es sich lohnt, ins Kino zu fahren. Auch unsere Art, Filme und Serien zu schauen, hat sich gewandelt. Mussten wir früher eine Folge pro Woche gucken – etwas, wofür sich das Aufbauen einer Heimkino-Leinwand kaum lohnt – können wir heute einen ganzen Serienmarathon veranstalten, wann immer wir wollen.
Fliege ich nach London oder gehe ich einmal ins Kino?
Ein Kinobesuch für zwei kann ungefähr so viel kosten wie ein Hin- und Rückflug nach London, Paris oder Mailand. Zu den steigenden Preisen sehen sich die Lichtspieltheater natürlich gezwungen, um ihre eigenen Kosten zu decken, doch damit entsteht ein Teufelskreis.
Sehen wir uns doch mal an, welche Kosten für einen Kinobesuch anfallen:
- Anfahrt per Auto/Bahn (Parkplatz)
- Preise für Tickets
- Popcorn/Snack
- Getränk
Selbst die günstigsten Tickets (ausgenommen Sonderangebote) kosten in den meisten Kinos trotzdem noch 7€ und das ohne 3D Zuschlag. Ein Getränk bekommt man nicht für weniger als 3€ und Popcorn startet bei 5€. Selbst wenn du das Kino zu Fuß erreichen kannst, zahlst du also mindestens 15€ für eine Person.
Seien wir ehrlich, wenn wir die großen Filme gucken, dann in 3D und in der Auftaktwoche, also sind wir eher bei 11,50€ pro Ticket, einem mittelgroßen Getränk für 5€ und einer mittleren Popcorn für 6,50€. Macht dann 23€ pro Person. Wer dann noch die ganze Familie mitnimmt, der kann gleich sein gesamtes Monatsbudget für Freizeitaktivitäten einplanen.
Was sind die Folgen des Kinowandels?
Die Ansprüche der Besucher steigen. Wer viel Geld ausgibt, der möchte auch viel geboten bekommen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die großen Spektakel wie Avengers oder Mission Impossible wochenlang in jedem Kino des Landes laufen, während kleinere Produktionen in manchen Orten gar nicht gezeigt werden. Die Blockbuster treiben mit ihren Effekten, großen Namen und riesigem Werbe-Tamtam noch immer alle in die Kinosäle.
Das bedeutet aber auch, dass kleinere Kinos nicht mehr mithalten können. Sie haben kleinere Budgets, weniger Mitarbeiter und haben oft einen kulturellen Charme, den zwar viele Menschen schätzen, der aber auch wenig rentabel ist.
Fördergelder und politische Maßnahmen sollen zum Erhalt der Kinos beitragen, ganz besonders in ländlicheren Gegenden. Trotzdem werden wir wohl bald weniger Kinos haben. Die kleinen werden ein spezifischeres Angebot brauchen, während die großen Kinos in den Städten eher auf Spektakel und den Eventcharakter setzen werden.
Kinosterben oder kein Kinosterben in Deutschland?
Noch gibt es keinen Grund, um in Panik zu verfallen. Allerdings sind die Geldbeutel der Deutschen auch aktuell gut gefüllt und der Niedrigzins begünstig Ausgaben für Erlebnisse und Freizeitaktivitäten. Auch die Großprojekte der Studios aus den USA lassen uns optimistisch in die Zukunft blicken.
In wirtschaftlich schlechteren Zeiten oder bei einem Streik der Drehbuchautoren (oder anderer Mitglieder der Filmindustrie) wie 2007 könnten die Kinos wieder in Gefahr geraten. Deshalb wappnen sich bereits jetzt einige, indem sie größer oder besser werden. Ein beeindruckendes Beispiel vom Cinecitta in Nürnberg siehst du im Video.