Der Tango aus Argentinien und Uruguay gehört schon dazu. Auch die Pfeifsprache El Silbo von der Kanareninsel La Gomera oder das Geigenbauhandwerk im italienischen Cremona. Und jetzt soll es auch die Fußball-Fankultur werden: ein immaterielles Weltkulturerbe der Unesco (Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur).
Einen entsprechenden Antrag hat der deutsche Verein „FC PlayFair! Verein für Integrität im Fußball“ nun gestellt. Ihrer Meinung nach gehört die Fußball-Fankultur zu einem schützenswerten Kulturgut. „Wir haben uns gefragt: Wem gehört eigentlich der Fußball? Gehört der überhaupt jemandem? Und wenn ja, gehört er dann nicht auch den Fans, die ins Stadion gehen?“, so Claus Vogt, Gründer und erster Vorsitzender des Vereins.
Das Herz des Fußballs, das sind die Fans
Das Gefühl, dass der Fußball den Fans gehört, habe ich in letzter Zeit immer weniger. Sponsoren sind oft wichtiger als die eigenen Anhänger, Spieler kosten 222 Millionen Euro Ablöse und eine Bratwurst im Stadion 4,50 Euro. Doch eines ist klar: das Herz des Fußballs, das sind immer noch die Fans.
Die Fans, die bei jedem Heimspiel ihr Team lautstark anfeuern. Die Fans, die stundenlang zu Auswärtspartien fahren. Die Fans, die sich in der Kneipe zusammen mit Freunden und Bekannten den Kick ansehen. Die Fans, die sich engagieren und sich geniale Choreos ausdenken, wie zum Beispiel bei den Spielen von Borussia Dortmund oder Celtic Glasgow.
Zwar werden die Stadiontickets immer teurer – und die Vorstellung, dass im Fanblock der Anwalt neben dem Müllmann steht und zusammen dem Team zujubelt, ist inzwischen eher eine romantische. In der Fußball-Kneipe oder beim Public Viewing jedoch ist das eher mal der Fall, dann umarmen sich Anwalt und Müllmann, wenn Mario Götze im Finale gegen Argentinien Deutschland zum Weltmeistertitel schießt.
Natürlich gibt es auch negative Aspekte der Fankultur, die nicht schützenswert sind. Ich meine damit zum Beispiel Schlägereien unter Hooligans oder Rassismus. Diese Dinge wollen die Macher aber auch nicht schützen, für sie gehören zur Fankultur Vielfalt und Toleranz.
Die Fußball-Fankultur sollte zum Unesco-Weltkulturerbe werden. Der Sport entfernt sich immer weiter von den Fans. Eine Aufnahme in die Liste würde zeigen: Investoren, Scheichs und Konzerne können mit ihrem Geld zwar den Fußball beeinflussen und verändern – die Fankultur aber kann den Fußball-Anhängern niemand nehmen.
Hintergrund zum immateriellen Kulturerbe
Was ist ein immaterielles Kulturerbe?
Laut Unesco gehören dazu „lebendige Traditionen, Ausdrucksformen, menschliches Wissen und Können“ sowie „darstellende Künste in aller Welt“. Zu den Ausdrucksformen gehören etwa Tanz, Theater, Musik und mündliche Überlieferungen wie auch Bräuche, Feste und Handwerkskünste. Baudenkmäler, Stadtensembles sowie Kultur- und Naturlandschaften gehören nicht dazu. Sie werden als „Unesco-Welterbe“ bezeichnet.
Welche Länder haben die meisten Einträge?
Laut Unesco-Angaben sind die Top-3-Länder mit den meisten Einträgen China (39), Japan (21) und Südkorea (19). Aber auch europäische Staaten sind zu finden, zum Beispiel Spanien (16), Kroatien (15) und Belgien (13).