Nach Ancelotti-Rauswurf: Wer wird neuer Trainer?

Der nigerianische Reporter hatte da so ein Gefühl. „Sind Sie besorgt, dass Sie Ihren Job verlieren, falls sie gegen Paris Saint-Germain verlieren?“, fragte er Bayern-Coach Carlo Ancelotti auf einer Pressekonferenz vor dem Champions-League-Spiel. Der Italiener nahm die Frage zunächst mit Humor, sagte dann aber: „Ich denke nicht.“

Keine 24 Stunden nach dem Spiel ist klar: die Sorge des nigerianischen Reporters war berechtigt. Die Bayern verloren das Spiel am Dienstagabend mit 0:3. Am Mittwoch trennte sich der FC Bayern von seinem italienischen Trainer, wie der Klub offiziell mitteilte.

Ex-Bayern-Spieler Sagnol übernimmt Trainerposten

„Die Leistungen unserer Mannschaft seit Saisonbeginn entsprachen nicht den Erwartungen, die wir an sie stellen. Das Spiel in Paris hat deutlich gezeigt, dass wir Konsequenzen ziehen mussten. Das haben Hasan Salihamidžić und ich Carlo in einem offenen und seriösen Gespräch erklärt und ihm unsere Entscheidung mitgeteilt“, sagte Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, laut einer Mitteilung.

Den Trainerposten übernimmt zunächst der bisherige Assistent Willy Sagnol. Der Franzose lief als aktiver Spieler zwischen 2000 und 2009 fast 280 Mal für die Münchner auf. Mit dem FCB wurde er fünfmal deutscher Meister und viermal Pokalsieger. Einmal gewann er mit den Bayern die Champions League.

Sagnol hat bereits Erfahrung als Coach. 2014 bis 2016 trainierte er Girondins Bordeaux. In der Bayern-Pressemitteilung wird er als Interimstrainer bezeichnet. Ob Sagnol den Trainerposten dauerhaft besetzen darf, ist fraglich. Schon vor der Ancelotti-Entlassung hatte es immer wieder Spekulationen darüber gegeben, wer dem dem Italiener einmal nachfolgen könnte.

Mögliche Nachfolger: Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel

Nun ist das Thema wieder aktuell. Als Kandidat gilt Julian Nagelsmann, derzeit Trainer der TSG 1899 Hoffenheim. „Er ist sicherlich einer der Trainer, die irgendwann einmal für Bayern infrage kommen“, sagte FCB-Präsident Uli Hoeneß zu Sport1 vor einigen Monaten über den jungen Coach. Hoffenheim wird ihn aber kaum gehen lassen. Darum fällt jetzt auch wieder der Name von Thomas Tuchel.

Der ehemalige BVB-Coach wohnt in der bayerischen Landeshauptstadt. Nach seiner Entlassung in Dortmund ist er auf dem Markt. In einem „Sky“-Interview Anfang September ließ Tuchel durchblicken, dass es bei ihm inzwischen wieder „kribbelt“, was den Fußball angeht.

Ancelotti hat Erwartungen nicht erfüllt

Ancelottis Vertrag hatte eigentlich noch eine Laufzeit bis zum 30. Juli 2019. Mit seiner Entlassung sind auch seine vier italienischen Assistenten Giovanni Mauri, Francesco Mauri, Mino Fulco und Davide Ancelotti ohne Job. Letzterer ist der Sohn von Carlo Ancelotti.  

Der 58-Jährige war zur Saison 2016/17 als Cheftrainer zum FCB gekommen, er folgte auf Pep Guardiola. Ancelotti hatte zuvor mit dem AC Mailand und Real Madrid dreimal die Champions League gewonnen, mit dem FC Bayern reichte es jedoch „nur“ für die deutsche Meisterschaft und zwei Superpokalsiege

In der aktuellen Saison lief es – gemessen an den Ansprüchen des deutschen Rekordmeisters – eher mau. In der Bundesliga liegt der FCB nach sechs Spielen auf Platz drei. Zuletzt verspielte das Team einen 2:0-Vorsprung gegen den VfL Wolfsburg (Endstand 2:2).

Kritik nach PSG-Niederlage wächst

Bayern-Spieler äußerten öffentlich ihren Unmut über die Situation. So kritisierte Thomas Müller seine Rolle als Bankspieler und sagte der ARD: „Ich weiß nicht genau, welche Qualitäten der Trainer sehen will. Meine sind scheinbar nicht 100-prozentig gefragt.“ Robert Lewandowski wiederum forderte vom Klub, mehr Geld für Transfers auszugeben. „Bayern muss sich etwas einfallen lassen und kreativ sein, wenn der Verein weiter Weltklassespieler nach München lotsen will“, sagte er dem „Spiegel“.

In der Champions League gewannen die Bayern zwar das erste Spiel mit 3:0 gegen RSC Anderlecht. Dann folgte das 0:3 gegen Paris Saint-Germain. Es war die höchste Niederlage des FCB in einem Gruppenspiel der Königsklasse. 

Nach dieser Partie war erneut Kritik an Carlo Ancelotti aufgekommen. Er hatte die Star-Spieler Mats Hummels, Frank Ribéry und Arjen Robben auf die Bank gesetzt. „Es stimmt, dass mit Robben, Ribéry und Hummels viele gute Spieler auf der Bank waren“, sagte Ancelotti. „Aber ich habe in jedem Spiel gute Spieler auf der Bank. So ist es in Topklubs. Gute Spieler müssen auf die Bank, das ist mein Job.“ Vorstandschef Rummennigge bezeichnete die Niederlage gegen PSG als eine, „die es zu analysieren gilt und aus der wir auch in Klartextform Konsequenzen ziehen müssen“.

Mit der Entlassung von Ancelotti ist nun klar, wie diese Konsequenzen aussehen.

Christian Höb

Christian liebte als Kind Fifa 98 und International Superstar Soccer auf dem N64. Er hat beim Zocken aber den Ton ausgemacht und lieber selbst kommentiert. Kein Wunder also, dass Christian als Journalist und Autor im Sportressort unterwegs ist.