Ishmael Beah: Vom Kindersoldaten zum gefeierten Schriftsteller

Dass es die Leute in Afrika nicht gerade leicht haben, berichten die Medien immer mal wieder. Korruption, Hunger und Gewalt gehören dort zur Tagesordnung. Aber was es tatsächlich heißt unter solchen Bedingungen zu leben, vermag nur jemand zu beschreiben, der das alles hautnah miterlebte.

Ishmael Beah ist 1980 in Sierra Leone geboren und musste erfahren, wie der Alltag eines Kindersoldaten aussah. Doch der Mann schaffte es ganz weit nach oben, obwohl alles mehr als hoffnungslos erschien.

Die Flucht vor den Rebellen

Ishmael Beah wurde 1980 geboren und seine früheste Kindheit lief weitestgehend unbeschwert. Er rappte und imitierte amerikanische Rapper. Er spielte draußen an der frischen Luft, er lachte und lebte die Kindheit, die ein Kind leben sollte.

Als Ishmael 11 Jahre alt war, 1991, brach in seiner Heimat Sierra Leone der Bürgerkrieg aus.
An diesem Tag war Ishmael nicht in seinem Dorf. Rebellen überfielen seine Heimat und von jetzt auf gleich änderte sich alles. Der Junge sah Leichen und traf auf panische Menschenmengen, die ihn mit sich rissen. Er schaffte es nicht seine Eltern zu finden, er musste fliehen.

Getrennt von seiner Familie wanderte er mit anderen Jungs durch die Regionen. Er musste sich stets verstecken und von den Dingen leben, die die Natur ihm gab. Versuchen zu überleben galt als oberste Priorität.  

Aber ewig konnte er sich nicht verstecken. Mit etwa 12 Jahren wurde er von der Sierra-leonischen Nationalarmee zu einem Kindersoldaten rekrutiert. Ein Schicksal, das für uns hier in Deutschland unvorstellbar ist. Denn die Aufgaben, die ein solcher Kindersoldat erfüllen muss, sind ähnlich unvorstellbar.

Von einem Kind, das träumte, zu einem Kind, das schoss

Die anderen Kindersoldaten wurden zu Ishmaels Familie. Er musste sich anpassen, um zu überleben. Wenn ihm ein Kalaschnikow-Gewehr in die Hand gedrückt und befohlen wurde damit zu üben, dann befolgte er diesen Befehl. Und mit „Üben“ war nicht gemeint, Plastikflaschen oder Dosen aus weiter Entfernung zu treffen. „Üben“ hieß, Gefangene zu erschießen.

Die Kinder nahmen Drogen, eine Mischung aus Kokain und Schießpulver, die sie Brown-Brown nannten. Überleben hieß zu verdrängen, mitzumachen und zu töten.

Dem Kind, das vor einigen Jahren noch an der frischen Luft in seinem Dorf Fußball spielte, wurde nun beigebracht andere Kinder zu töten.

Wie viele Menschen Ishmael Beah tötete weiß er nicht oder will er nicht sagen. Darüber streiten sich Kritiker. Doch eines steht fest: Der Junge lebte ein Leben in Gewalt und Verzweiflung, so wie viele andere Kinder in Sierra Leone es taten.

Die Rettung und sein Weg nach Amerika

Eines Tages trafen Mitarbeiter von UNICEF auf die Armee aus Kindersoldaten. Zu diesem Zeitpunkt war Ishmael schon zwei Jahre in der Gewalt der Sierra-leonischen Nationalarmee.

Es gelang den Mitarbeitern die Kinder zu befreien und in ein Rehabilitationszentrum zu bringen. Ishmael musste eine Menge aufarbeiten, musste wieder lernen zu schlafen, zu vertrauen und auch zu fühlen. Sein Körper, der jahrelang mit Drogen vollgepumpt wurde, musste clean werden.

Seine Liebe zum Hiphop und zur Rapmusik half ihm dabei, den Zugang zurück in eine zivilisierte Welt zu finden.

Zurück in Sierra Leone lebte er bei seinem Onkel, der ihn liebevoll aufnahm und umsorgte. Doch dieser starb nach kurzer Zeit, während es zu einem Militärputsch kam und ein erneuter Bürgerkrieg aufflammte. Ishmael Beah wollte auf keinen Fall zurück an die Front. Stattdessen flüchtete er nach Amerika.

Dort absolvierte er seinen High-School Abschluss und besuchte das Oberlin College in New York City. Am College traf er auf einen Professor, der an Ishmaels Talent für’s Schreiben glaubte und abermals sein Leben veränderte.

Die Erfolgsgeschichte von Ishmael Beah

Jener Professor forderte Ishmael Beah auf zu schreiben. Jeden Tag. Und das tat er auch.

Er schrieb über sein Leben. Ganz egal, ob es jemals jemand anderes als sein Professor lesen würde oder nicht. Doch dieser war begeistert. Er ermutigte Ishmael weiter zu machen, also machte er weiter.

Heraus kam sein Buch „Rückkehr ins Leben“, im Original: „A Long Way Gone“. Es wurde in 40 Sprachen übersetzt, in einer Millionenauflage produziert und landete in der Bestsellerliste auf Platz 1.

Eine Geschichte, die Afrika erklärt

Ishmael Beahs Geschichte ist nur eine von vielen, doch er gibt den vielen tragischen Schicksalen der Kindersoldaten ein Gesicht.

Er trug vor den Vereinten Nationen eine Rede vor, erzählte von den Missständen in Afrika und seinen Opfern. Er traf bedeutende Politiker wie Nelson Mandela und Bill Clinton und trat in vielen Talkshows auf. Sogar der Playboy lichtete ihn bereits für eine Fotostrecke in Zusammenarbeit mit Armani ab.

Auf diese Weise erreicht er Menschen, die sich vom Elend in der dritten Welt abwenden und es anonymisieren. Ishmael möchte das nicht länger zulassen und macht sich gegen den Missbrauch von Kindern stark.

Ishmael Beah hat den Weg vom Kindersoldaten zum gefeierten Autor geschafft. Doch viele Kinder sterben als Soldat in Afrika. Ishmaels Buch „Rückkehr ins Leben“ gibt Einblick in den verstörenden Alltag vieler afrikanischer Kinder und versucht die westliche Welt wach zu rütteln.

Titelbild Quelle: youtube.com

Victoria Mankel

Victoria studiert Journalismus und Medienwirtschaft und würde am liebsten mit dem Durchbingen von Serien ihr Geld verdienen. Weil das leider nicht geht, hat sie die nächstbeste Option gewählt und schreibt freiberuflich über alles, was ihr aktuell so gefällt.